Audio Eva und Johanna: Du musst

Ich sehe das Licht der Straßenlaternen noch hinter mir. Es verschwindet langsam in der Dunkelheit. Ich laufe weiter, nach circa zehn Minuten sieht man nicht einmal die Häuser meines Dorfes. Stille! Kein Hundegebell, keine Stimmen, kein Autogehupe - nichts, nur das Rauschen der Blätter, durch die der Wind sich schleicht. Ein Plätschern aus der Ferne, es ist ein Bach, ein kleiner hübscher Bach, der durch den dunklen großen Wald fließt. Ich setze mich ans Wasser, halte meine Fingerspitzen in den Bach, es ist angenehm. Die kleine Strömung fließt mir durch die Finger. Ich nehme sie aus dem Wasser, langsam wird mir kalt. Ein Stoß Kälte macht sich in mir breit und lässt mich frösteln. Ich habe keine Angst, ich fühle mich geborgen und zuhause.Ich stehe auf und laufe weiter. Jetzt macht sich das Gepäck auf meinen Schultern bemerkbar. Ich hole mein Handy heraus. „Mist kein Netz“, ich lasse es in meine Hosentasche sinken, bleibe stehen, lausche der Melodie der Natur, atme durch und laufe weiter.
Irgendwann stoße ich auf einen Pfad. Erst ist es still, doch dann: Menschen, Autos, Lichter, helle Lichter, Lichter, die den Wald hell sein lassen, Gehupe Hundegebell . Sie sehen mich, ich renne los, so schnell ich kann und schneller! Rennen, rennen und nicht stoppen, nicht nach hinten sehen, laufen, rennen, sprinte, denke ich, meine Beine tun weh! Ich kann nicht mehr, Schweiß tropft mir von der Stirn, mir ist heiß, ich bin kaputt, erschöpft, fertig, ich will und kann nicht mehr. Doch das ist egal, ich renne weiter mit weit aufgerissenen Augen und fokussierten Blick. Ich darf jetzt nicht fallen, denn sie dürfen mich nicht kriegen! Nicht jetzt, nicht heute und auch nicht irgendwann. Nie wieder würde ich zurückkehren, nie wieder. Ich denke an das, was passiert war, wie viele Tage ich schon von Dorf zu Dorf gewandert war in der Hoffnung, dass sie mich nicht finden, doch oft war ich zurückgekehrt, war da gestanden und hatte vom Wald aus zugesehen. Ich sah die Lichter, hörte das HundeGebell.
Ich bin versunken in meinen Gedanken und doch irgendwie hellwach. Jetzt fängt es an zu regnen, Wasser tropft mir von der Nase und versperrt mir die Sicht, doch es ist mir egal. Weiter rennen, weiter und niemals wieder stehen bleiben. Doch dann falle ich, es kommt mir vor wie in Zeitlupe. Die Stimmen, das Gebell, der Regen, der auf die Blätter fällt, wie Steine, die auf den Boden klatschen. Ich sehe verschwommen die Lichter, die bunten, roten, grünen, blauen Lichter und dann Dunkelheit, Leere, nichts, nichts außer schwarz! Schwarze dunkle Leere!