Der deutsch-jüdische Schriftsteller Rafael Seligmann ist kein Mann schönfärberischer Worte. Eine Normalität im Verhältnis von nicht-jüdischen und jüdischen Menschen in Deutschland habe er nie erlebt. Dafür aber sein Vater, Ludwig Seligmann. Basierend auf dessen Aufzeichnungen hat Rafael Seligmann eine Romantrilogie entwickelt, die er im Frühjahr 2022 mit "Rafi, Judenbub" abgeschlossen hat.

Eine Geschichte über seinen Vater, einem typischen Vertreter des Landjudentums Anfang des 20. Jahrhunderts im bayerischen Schwaben. Und wie er rechtzeitig nach Tel Aviv floh, dort heiratete und dennoch nie glücklich wurde. Wie er – jetzt mit Frau und Sohn Rafael – wieder zurückkehrte und sich nur mühsam in das Nach-Hitler-Deutschland reintegrierte, das noch bis in die frühen 70er Jahre offen antisemitisch geprägt war.

Rafael Seligmann nimmt auch hier kein Blatt vor den Mund, erzählt ohne jede Schonung von den vielen Streitereien zwischen seinen Eltern. Gleichzeitig ist der offen ausgetragene Streit ein wichtiger Baustein der jüdischen Alltagskultur, berichtet der Autor im hr2-Doppelkopf-Gespräch, und erzählt, wie sehr er von seinen ersten zehn Lebensjahren in Israel profitiert hat - nämlich sehr früh zur Wehrhaftigkeit erzogen worden zu sein. Aber Seligmann erzählt nicht nur von seiner Familiengeschichte und "Rafi, den Judenbub", er nimmt auch dezidiert Stellung zu den Debatten rund um die 15. Kasseler Documenta und den nach wie vor spürbaren antijüdischen Ressentiments in Deutschland.

Gastgeber: Martin Maria Schwarz

Musikinhalt dieser Sendung:
The Rolling Stones: Satisfaction
Chava Albestein: Donna
Tschechische Philharmonie: Die Moldau. Sinfonische Dichtung für Orchester (Bedrich Smetana)

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Buchtipp:

Rafael Seligmann: "Rafi, Judenbub". Verlag Langen Müller, München 2022, 25 Euro

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Sendung: hr2-kultur, "Doppelkopf", 21.10.2022, 12:05 Uhr.