Ein Abend mit einem Hoffnungsträger des skandinavischen Jazz, einem Ausdauerkünstler am Saxofon, einem Verfechter des interkulturellen Dialogs und einer vielsprachigen Sängerin.

hr-Bigband feat. Marius Neset
Marius Neset - Saxofon, Komposition
Anton Eger - Schlagzeug Ivo Neame - Piano
hr-Bigband

Isaiah Collier & The Chosen Few
Isaiah Collier - Saxofon
Julian Davis Reid - Piano
Jeremiah Hunt - Bass
James Russell Sims - Schlagzeug

Rabih Abou-Khalil Group & Elina Duni
Rabih Abou-Khalil - Oud
Jarrod Cagwin - Schlagzeug
Mateusz Smoczyński - Violine
Krzysztof Lenczowski - Cello
Elina Duni - Gesang

(Übertragung aus dem hr-Sendesaal)

Marius Neset gilt als Hoffnungsträger des skandinavischen Jazz. Der 1985 geborene Norweger wuchs in Bergen auf und studierte in Kopenhagen bei Django Bates, wo er jene Mitstreiter fand, die ihn seitdem in verschiedenen Projekten immer wieder begleiten: Der Schlagzeuger Anton Eger, die Bassisten Jasper Høiby und Petter Eldh, die Pianisten Ivo Neame und Django Bates.

Als Instrumentalist beherrscht Neset von extremer Bebop-Geschwindigkeit über endlose Zirkularatmungs-Artistik bis hin zu expressiver Melodienseligkeit alles. Das wäre für sich genommen schon beeindruckend, aber nicht unbedingt bewegend. Im Unterschied zu manch anderem stupenden Virtuosen hat jedoch Neset dabei immer musikalisch etwas zu sagen.

Beim 45. Deutschen Jazzfestival Frankfurt 2014 begeisterte er mit einem Auftritt seines Quintetts. Beim aktuellen Festival trifft er auf die hr-Bigband, die bekanntlich mit allen Musikern seiner Peer Group bereits zusammengearbeitet hat. Wir erinnern uns an spektakuläre Projekte mit Django Bates oder dem Trio Phronesis. Dessen Schlagzeuger Anton Eger wird die Musik mit seiner unvergleichlichen rhythmischen Energie aufladen.

Mit dem 1998 in Chicago geborenen Isaiah Collier, schließt sich ein amerikanischer Hoffungsträger auf dem Tenorsaxofon direkt an. Als Elfjähriger fand er mit dem Saxofon "sein" Instrument, weil dessen Klang so nah an der menschlichen Stimme ist.

John Coltrane verkörpert für ihn genau das und sein nie erlahmender Erkundungsdrang beeindruckt Collier nachhaltig. Sein zweites Album "Cosmic Transition" (2020) wirkt wie die ekstatische Wiedergeburt von Tranes epochalem "A Love Supreme".

Während Marius Neset jederzeit kontrolliert wirkt, treibt Isaiah Collier seine Mitmusiker mit ungestümer Energie geradezu vor sich her. Und ein Stück weit treibt er sich wohl auch selbst an mit der jeden Abend von Neuem gestellten Frage, "Wie gehe ich über das hinaus, was ich gestern gespielt habe?"

Er suche nicht nach exotischen Instrumenten oder Sounds, sondern nach Musikerpersönlichkeiten, die miteinander kommunizieren können, sagt Rabih Abou-Khalil in einem Interview mit der NZZ. Nur so könne ein interkultureller Dialog entstehen. Sein aktuelles Projekt verspricht einen besonders interessanten und angeregten Austausch.

Da sind Mateusz Smoczyński (Violine) und Krzysztof Lenczowski (Cello), die unter anderem in ihrem hochgelobten Atom String Quartet die Tonkultur und Virtuosität der klassischen Schule mit leidenschaftlicher Jazzimprovisation und dem tänzerischen Temperament des Folk verbinden.

Der amerikanische Perkussionist Jarrod Cagwin ist seit mehr als 20 Jahren Abou-Khalils musikalischer Partner und lässt dessen rhythmisch komplexe Kompositionen selbstverständlich erscheinen. Rabih Abou-Khalil selbst fusioniert in seinen Kompositionen arabische und mediterrane Musik mit Jazzeinflüssen und hat sein Instrument, die arabische Kurzhalslaute Oud, in Europa bekannt gemacht.
Fünfte im Bunde ist die Sängerin Elina Duni, deren Solo-Performance vom 50. Deutschen Jazzfestival in bester Erinnerung ist. Die in der Schweiz lebende Albanerin spricht fünf Sprachen und beherrscht noch mehr musikalische Idiome.

Man darf gespannt sein, welche Funken Abou-Khalil aus dieser Konstellation schlagen wird.

Sendung: hr2-kultur, "53. Deutsches Jazzfestival", 29.10.2022, 19:04 Uhr.