Es war am 29. August 1952 in Woodstock (New York). Der Pianist David Tudor spielt die Uraufführung der Komposition 4'33'', die John Cage soeben fertiggestellt hat. Aber was machte der Pianist?

Er schloss und öffnete den Klavierdeckel, dazwischen liegen viele Sekunden nichts. Der Spieler muss laut Partitur dieses dreisätzigen Werkes nämlich still sein - "Tacet", das heißt: er/sie/es schweigt. Und indem er schweigt oder sie schweigen - 4'33'' ist nämlich keine Klavierkomposition, sondern für beliebige Besetzung -, hört er, hören sie, was zufällig, absichtslos im Aufführungsraum klingt, tönt, surrt oder brummt. Und das ist das Stück, das Cage (1912-1992) weltberühmt gemacht und das er als seine wichtigste Komposition bezeichnet hat.

Das Stück muss übrigens nicht 4 Minuten und dreiunddreißig Sekunden dauern; es kann laut Partitur auch kürzer oder länger sein. Wichtig ist nur, dass der Ausführende zuvor eine Zeit festlegt und dann während dieser Dauer schweigt. Der Stille lauschen, und da es nirgends je still ist, das Leben bewusst hören - das ist die Quintessenz. Mehr dazu in der Sendung von hr2-Musikredakteur Stefan Fricke.

Sendung: hr2-kultur, "Neue Musik", 07.07.2022, 21:30 Uhr.