ARD Radiofestival - Stempel Lesungen

Welcher Klassiker gefällt Ihnen am besten? Was ist Ihnen noch als Schullektüre vertraut? Ab dem 10. Juli können Sie acht Autor*innen und Autoren von Weltrang hören - gelesen von großen Stimmen des Sprechens.

Mary Shelley

ab 10. Juli (5 Folgen)
Mary Shelley: Frankenstein
Gelesen von Jens Wawrczeck | Aus dem Englischen von Alexander Pechmann | BR 2012 | Artemis & Winkler/dtv
In einem Labor der Universität Ingolstadt erweckt der ehrgeizige Wissen-schaftler Viktor Frankenstein ein Monster zum Leben. Ein großes, kluges und schreckliches Wesen, das seinem Schöpfer durchaus ergeben ist – zunächst. Doch Frankenstein nimmt in Panik Reißaus. Die abgewiesene Kreatur schwört Rache … Mary Shelleys Roman wurde vielfach vereinnahmt und spä-ter auch von ihr selbst verändert. Die Urfassung zeigt, dass es ihr besonders um die Erfahrung totaler Ablehnung und um Viktors Verantwortung ging.

Arthur Schnitzler

ab 17. Juli (8 Folgen)
Arthur Schnitzler: Fräulein Else
Gelesen von Edith Clever | rbb 1982
Else befindet sich in einer unmöglichen Situation. Mitten im Urlaub erreicht sie ein Expressbrief ihrer Mutter. Darin eröffnet sie der Tochter, dass die Familie tief in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Wenn nicht sofort eine große Summe Geldes aufgebracht wird, werde der Vater verhaftet. Else soll eine Urlaubsbekanntschaft um das Geld anpumpen, den Kunsthändler Dorsdey. Der stimmt unter einer Bedingung zu: Else nackt zu sehen. Ihren Konflikt zwischen Not und Abscheu, exhibitionistischen Fantasien und dem Gefühl sich zu verkaufen, trägt Edith Clever in einem rasant pulsierenden Monolog vor.

Hermann Melville

ab 31. Juli (5 Folgen)
Herman Melville: Bartleby
Gelesen von Walter Hilsbecher | Aus dem amerikanischen Englisch von Richard Mummendey | SR 1975 | DAV 2015
Bartleby ist ein treuer und besonders fleißiger Anwaltsgehilfe. Er arbeitet bei einem New Yorker Advokaten an der Wallstreet. In seinem dämmrigen Büro zwischen Hochhäusern entwickelt er sich in der Erzählung allerdings schnell zu einem sanften Anarchisten. Mit ruhiger Bestimmtheit verweigert er mit dem stereotyp vorgetragenen Satz »I would prefer not to« (Ich möchte lieber nicht) alle ihm aufgetragenen Arbeiten und erschüttert damit die Menschen in seiner Umgebung zutiefst.

Annette von Droste-Hülshoff

ab 7. August (5 Folgen)
Annette von Droste-Hülshoff: Die Judenbuche
Gelesen von Tatja Seibt | NDR 1996 | Winkler
Die Judenbuche erschien 1842 und basiert auf einer wahren Begebenheit. Sie zählt zu den klassischen Novellen der deutschen Literatur: eine Krimi-nalgeschichte, deren Hauptfigur fast vollständig aus ihren gesellschaftli-chen Bedingungen entwickelt ist. Noch immer ist sie Schullektüre, auch wenn von ihr etwas Unergründliches, Düsteres, Schauriges ausgeht. Holz-diebstähle bei Nacht, ein unaufgeklärter Mord an einem Juden, Armut, Al-koholismus und krude Gewalt prägen die Welt der Protagonisten, und die Natur ist dabei alles andere als tröstlich.

Fjodor Dostojewski

ab 14. August (5 Folgen)
Fjodor Dostojewski: Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett
Gelesen von Will Quadflieg | RB 1979
Mit seinen großen Romanen schuf Dostojewski Weltliteratur. Er schrieb aber auch ein paar weniger bekannte heitere Erzählungen: Im Rahmen des ARD-Radiofestivals senden wir diese Woche eine davon: Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett. Hauptfigur ist Iwan Andrejewitsch Schabrin, ein älterer Herr aus der vornehmen Petersburger Gesellschaft, der vermu-tet, dass ihm seine Gattin Glafira untreu ist. Von Eifersucht gequält, spio-niert er ihr hinterher und gerät dabei in groteske Abenteuer. Es liest Will Quadflieg (1914–2003), der u.a. von 1952 bis 1959 den Jedermann bei den Salzburger Festspielen gab und in der Bühneninszenierung von Gustaf Gründgens die Titelrolle im Faust, die 1960 auch in die Kinos kam.

Lesung Theodor Storm

ab 21. August (5 Folgen)
Theodor Storm: Eekenhof
Gelesen von Erich Schellow | Regie: Klaus-Dieter Pittrich | WDR 1981
Die Novelle Eekenhof schrieb Theodor Storm 1879 in seinem letzten Jahr als Amtsrichter in Husum. Er verlegt die Geschichte eines skrupellosen Aufsteigers, der an den Verstrickungen seines Familienlebens zerbricht, weit in die Vergangenheit. Doch sollte die Kulisse nicht über Storms realis-tischen Blick hinwegtäuschen. »Es beginnt wie eine Sage«, schrieb Storm über seine Novelle, »es mußte so aus dem Nebel herausgetuscht und, wenn es mir zu nahe auf den Leib rückte, kräftig wieder zurückgeworfen werden«. Der große Theaterschauspieler Erich Schellow (1915–1995) sprach Storms Novelle 1981 für den WDR ein.

 Hans Fallada

ab 28. August (10 Folgen)
Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun?
Gelesen von Jutta Hoffmann | mdr 2006
Um 1930 hat die Weltwirtschaftskrise Deutschland im Griff, und Buch- halter Pinneberg verliert seinen Job. Gemeinsam mit seiner schwangeren Ehefrau (für das »Lämmchen« im Buch war Falladas eigene Frau, Anna Issel, Vorbild) zieht er nach Berlin. Doch auch hier kann sich die junge Familie nur mühsam über Wasser halten, an einen sozialen Aufstieg ist nicht zu denken. Als Inspiration zu Kleiner Mann – was nun? dient Fallada Siegfried Krakauers Essay Die Angestellten. Der Roman (1932) wird schließlich millionenfach verkauft, in zwanzig Sprachen übersetzt, insgesamt drei Mal verfilmt – 1967 mit Jutta Hoffmann in der Hauptrolle von Pinnebergs Frau »Lämmchen«.

Heinrich Heine, Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim, 1831, Hamburger Kunsthalle

ab 11. September (10 Folgen)
Heinrich Heine: Die Bäder von Lucca
Gelesen von Dietrich Fischer-Dieskau | Regie: Ralf Ebel | SFB 1993
Heinrich Heine, zweifellos einer der bedeutendsten deutschen Schrift- steller und Journalisten des 19. Jahrhunderts, brachte einen neuen, ironi-schen Alltagsjargon in die Lyrik, machte den Reisebericht zur Kunstform und pflegte einen ebenso eleganten wie politisch scharfzüngigen Ton. In seinen frühen Jahren war er ein notorischer Wanderer und kritisch beobachtender Reisender. Davon zeugen seine bis heute stilbildenden Reisebilder. Im dritten, 1830 veröffentlichten Teil, finden wir Heines Betrachtungen über Die Bäder von Lucca. Diese sind weniger für die Beschreibungen der pittoresken Landschaften Italiens bekannt als für die seitenfüllende scharfzüngige Kritik an seinem Dichterkollegen August von Platen. Der bedeutende Lied- und Opernsänger Dietrich Fischer-Dieskau demonstriert mit dieser Hörbuch-Produktion aus dem Jahr 1993 sein darstellerisches Können jenseits der Musik.