In seiner "Zauberkomödie" "Die Wanze" wollte Majakowski den bürgerlich spießerhaft gewordenen Revolutionär treffen, der einer künftigen kommunistischen Idealwelt, wie sie ihm vor Augen stand, so fossilienhaft, absurd und schmutzig wie eine Wanze erscheinen musste.

Heinz Schimmelpfennig hsp

Durch eine tragische Kette von Ereignissen wird der kleinbürgerliche Karrierist Prissypkin nach einem Brand während seines Hochzeitsfestes im eisigen Löschwasser eingefroren und vergessen. Fünfzig Jahre später wird Prissypkin wieder aufgetaut und mit ihm eine kostbare, weil inzwischen längst ausgestorbene Wanze. Mittlerweile regiert den Planeten eine hochtechnifizierte, keimfreie, sozialistische Gesellschaft, repräsentiert durch eine "funkmegaphonische Sprachrohranlage". Dieser Gesellschaft dient Prissypkin bald als lebender Blutspender für die seltene Wanze und wird zusammen mit ihr im Zoo ausgestellt.

Majakowskis Dichtung hängt selbstverständlich eng mit russischen Zuständen seiner Zeit und der russischen Welt zusammen, aber sie hängt nicht von ihnen ab. Über typisch russische Besonderheiten dringt sie vor ins Allgemeine.

Der in Georgien geborene Wladimir Majakowski gilt als bedeutendster Kampflyriker der russischen Revolution in ihrer "heroischen Periode" der Revolutionsjahre von 1917-1921. Doch schon gegen Ende der 1920erJahre kritisierte auch Majakowski die Entwicklungen in der sowjetischen Gesellschaft, vor allem die zunehmende Bürokratie. Das bezeugt sein satirisches Drama Die Wanze von 1929.

Das Hörspiel Die Wanze wird vorgestellt von Leonhard Koppelmann.

Wladimir Majakowski:| Die Wanze
Komposition: Winfried Zillig
Hörspielbearbeitung & Regie: Ulrich Lauterbach
hr 1958

Mit Sigfrit Steiner, Willi Trenk-Trebitsch, Heinz Schimmelpfennig, Elisabeth Kuhlmann, Gudrun Gewecke, Karl Lieffen u.v.a.
Das Hörspiel wird vorgestellt von Leonhard Koppelmann.

Sendung: hr2-kultur, "Archivschätze", 16.07.2022, 14:00 Uhr.