Zum Auftakt des diesjährigen Rossini-Festivals in Pesaro setzte dessen neuer künstlerischer Leiter Juan Diego Flórez mit dem "Comte Ory" die einzige französischsprachige Musikkomödie des Komponisten aufs Programm und konnte dabei inmitten einer exquisiten Sängerriege als intrigenreicher, wollüstiger Graf ein weiteres Mal in einer seiner Paraderollen glänzen.

Comte Ory - Juan Diego Flórez
Comtesse Adèle - Julie Fuchs
Isolier - Maria Kataeva
Raimbaud - Andrzej Filończyk
Erzieher - Nahuel Di Pierro
Ragonde - Monica Bacelli
Alice - Anna-Doris Capitelli

Ventidio Basso Opernchor
Orchestra Sinfonica della RAI
Leitung: Diego Matheuz

(Aufnahme vom 9. August 2022 aus der Vitrifrigo Arena)

Aus Alt mach Neu! Nach diesem Prinzip hatte Rossini, der sich 1825 endgültig in Paris niederließ, schon einige seiner italienischen Opern für die Theater der französischen Hauptstadt umgearbeitet. Auch der "Comte Ory" beruht etwa zur Hälfte auf einem älteren Werk: der Opera buffa "Il Viaggio a Reims". Wenn man sich zudem klarmacht, dass auch die Librettisten - darunter der bekannteste französische Textdichter Eugène Scribe - die Handlung aus älteren Versatzstücken zusammenbastelten, kann man sich nur wundern, was für ein grandioses Stück dabei herausgekommen ist.

Die Premiere an der Pariser "Opéra" 1828 war ein voller Erfolg. Zurecht, denn wie der Graf in dieser Mittelalter-Parodie in zwei aktfüllenden Anläufen und immer wieder behindert von seinem Pagen versucht, in allerlei albernen Maskeraden seine Gräfin zu bekommen, strotzt nur so vor Situationskomik. Und die Raffinesse der Vertonung zeigt Rossini auf der Höhe seiner Unterhaltungskunst: "Le Comte Ory" ist nicht nur die letzte komische Oper des Komponisten, sondern in Bezug auf die Flexibilität und passgenaue Charakteristik der Musiksprache - gewürzt mit einer feinen Portion Selbstironie - vermutlich auch seine beste. "Rossinis Meisterwerk" - wie Hector Berlioz denn auch schlicht urteilte.

In Pesaro überzeugten in der durchweg lobenswerten Besetzung neben Juan Diego Flórez in den weiteren Hauptrollen Julie Fuchs als mal reservierte, mal nachgiebige Gräfin und Maria Kataeva als Page und gewitzter Konkurrent des Grafen um die Gunst der Dame. Ein gelungener Start ins Festival in Rossinis italienischem "Bayreuth".

Anschließend:
Mozart: Klaviersonate B-Dur KV 281 (Roberto Prosseda)

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 08.10.2022, 20:04 Uhr.