Auf seiner glatten und glänzenden Oberfläche erkennen wir uns selbst. Er bringt die Wahrheit an den Tag, auch die unverkennbaren Zeichen des Alterns - und also den Tod. Der Spiegel war immer ein ambivalentes Symbol in der Philosophie - die ganze Vieldeutigkeit der Beziehung von Ich und Welt, Gott und Mensch wird so ins Bild gefasst.

Auch im Volksglauben spielt der Spiegel eine wichtige Rolle: Beim Tod eines Menschen werden die Spiegel verhängt, damit die Seele des Toten nicht im Totenzimmer verharrt, sondern einen harmonischen Übergang ins Jenseits ermöglicht bekommt.

Und in der Literatur ist der Spiegel oft ein schonungsloser Richter: Ob Schneewittchens Stiefmutter, Alice im Wunderland, Narcissus vor seinem Spiegelbild auf dem Wasser – wohin einen die Selbstreflexion führt, hängt immer auch davon ab, welche Haltung und Reife man mitbringt.

Wir begeben uns auf eine Reise durch unterschiedlichste Spiegel- und Seelenlandschaften, die zugleich eine Geschichte der Menschheit ist, der Dichtung, des Glaubens und der Philosophie.

hr 2022

Sendung: hr2-kultur, "Feature", 25.09.2022, 18:04 Uhr.