"Als das Wünschen noch geholfen hat" lautet eine bekannte Märchenformel und gemahnt an längst vergangene Zeiten. Tatsächlich aber ist das Wünschen allgegenwärtig und noch immer Bestandteil vertrauter Rituale, Ausdruck der Zuversicht und der Hoffnung auf Wohlergehen, auf ein besseres Leben oder auf die Beständigkeit von Werten.

Wir wünschen uns einen guten Tag oder eine gute Nacht; Glück- und Segenswünsche sind Auftakt zum Jahreswechsel, zu Festen und Feiern. Wünsche sollen in Erfüllung gehen; dabei können Umwege erforderlich sein. In Märchen und Sagen werden drei Wünsche freigegeben, doch müssen Verwünschungen erst besiegt werden. Das rechte Wort zur rechten Zeit kann schon Wunscherfüllung sein. Mit dem "Zauberwort" als "Wünschelrute", so Joseph von Eichendorff, wird das "Lied in allen Dingen" geweckt, und "die Welt hebt an zu singen".

Fromme Wünsche aber helfen nicht immer. Doch auch wenn sie unerfüllt bleiben, bahnen sich Wünsche, ob für Gesundheit, Glück, Freiheit oder Frieden, ihren Weg in die Wirklichkeit stets aufs neue. Entscheidungen beruhen auf Optionen, auf verschiedenen erwünschten Möglichkeiten. Philosophen haben den Wunsch definiert; Religionen haben eigene Formen dafür entwickelt, wie das Gebet; die Psychologie interpretiert den Wunsch zwischen Begehren und Illusion. Auf besondere Weise gestaltet die Dichtung die Begegnung von Wunsch und Wirklichkeit als Moment selbstbestimmter Individualität. Die Sendung folgt der Wunschdeutung in Geschichte und Gegenwart.

hr 2023

Sendung: hr2-kultur, "Feature", 09.04.2023, 18:04 Uhr.