"Blechgewitter und Roma-Folklore" ist längst nicht das Einzige, was die sieben Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens musikalisch zu bieten haben. Sagt Bernhard Hanneken, Programmdirektor des Rudolstadt Festivals. Der Länderschwerpunkt beim diesjährigen Folk- und Roots-Festival an der Saale sollte dafür den Beweis antreten. Drei Beispiele daraus stellen wir heute vor.

Afrim Leka, Chalgia Sound System und Božo Vrećo

(Aufzeichnungen vom Rudolstadt Festival zwischen 7.-10.7.22)

Afrim Leka aus dem Kosovo gilt als einer der besten Spieler der Langhalslaute Çiftelia, dem wichtigsten Volksmusikinstrument in dieser Region. Die Ciftelia (auch Çifteli oder Çiteli genannt) darf in traditionellen Konzerten und vor allem bei Hochzeiten nicht fehlen.
Mit seinem Quintett spielt Afrim Leka instrumentale Tänze, Hochzeits- und Volkslieder sowie Balladen seines Landes.

Typisch für Nordmazedonien (in Ausläufern auch für Bulgarien) ist die Chalgia, eine orientalisch-städtische Musik, in der Einflüsse aus dem Westen auf die eigenen Traditionen sowie die Überbleibsel der osmanischen Kultur treffen. Nach einer Zeit des Niedergangs ist jetzt eine Art Revival dieser Musikrichtung zu erkennen, das Chalgia Sound System hat einen gehörigen Anteil daran.

Božo Vrećo kommt aus Bosnien und Herzegowina und beherrscht die Kunst der Sevdalinka, einer intensiv gesungenen, ursprünglich städtischen und eher melancholischen Liebeslyrik. Vrećo bringt allerdings einen durchaus treibenden, tanzbaren Beat mit in diese Musik. Und noch etwas:
Er/Sie sieht sich als Mann und Frau, ausdrücklich auch mit allen Facetten dazwischen. Vrećos queere Interpretation der Sevdalinka-Lieder ist auch vor diesem Hintergrund neu, ein Ausdruck der Befreiung von den Normen und Regeln einer konservativen Gesellschaft. Vielleicht liegt darin ja eine tiefere Bedeutungsebene der Sevdalinka.

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Sendung: hr2-kultur, "Hörbar in concert", 06.10.2022, 20:04 Uhr.

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