Schonungslos offen – so schreibt die Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux seit mehr als vier Jahrzehnten über sich selbst, ihre Nächsten, ihre Herkunft aus einfachen Verhältnissen. Erst seit 2016 erscheinen ihre autofiktionalen Meisterwerke auch auf Deutsch. Wir präsentieren zwei davon – ungekürzt gelesen von Maren Kroymann und Corinna Kirchhoff.

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Der junge Mann
"Wenn ich die Dinge nicht aufschreibe, sind sie nicht zu ihrem Ende gekommen, sondern wurden nur erlebt." Diese Überlegung stellt Annie Ernaux ihrem neu ins Deutsche übersetzten autofiktionalen Werk "Der junge Mann" voran. Darin erzählt sie abermals von einem selbsterlebten Bruch der gesellschaftlichen Konventionen: In den 1990er Jahren hatte sie in Rouen ein Verhältnis mit einem dreißig Jahre jüngeren Mann, der den einfachen Verhältnissen entstammte, aus denen sich die Schriftstellerin inzwischen herausgearbeitet hatte. Sie war damals Mitte fünfzig, hatte die Menopause bereits hinter sich und das Gefühl, mit dem jungen Mann "Das Theaterstück ihrer Jugend" wiederaufzuführen. Was das Paar füreinander bedeutete, und wie die Öffentlichkeit auf ihre offen zur Schau gestellte Liebesbeziehung reagierte, das erzählt die Grande Dame der französischen Gegenwartsliteratur - in diesem kleinen Text, der Großes in sich hat. Für die Lesung von DAV schlüpft wieder Maren Kroymann in die Erzählerinnenrolle.

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Annie Ernaux, geboren 1940, bezeichnet sich als „Ethnologin ihrer selbst“. Sie ist eine der bedeutendsten französischsprachigen Schriftstellerinnen unserer Zeit, ihre zwanzig Romane sind von Kritik und Publikum gleichermaßen gefeiert worden. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, zuletzt am 10. Dezember 2022 mit dem Nobelpreis für Literatur.

Sonja Finck übersetzt aus dem Französischen und Englischen, darunter Bücher von Jocelyne Saucier, Kamel Daoud, Chinelo Okparanta und Wajdi Mouawad. Für ihre Ernaux-Übersetzungen wurde sie mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis ausgezeichnet.

Maren Kroymann wurde dem breiten Publikum u.a. durch ihre Rolle in „Oh Gott, Herr Pfarrer“ bekannt. Immer wieder setzt sie sich humorvoll mit der Rolle der Frau auseinander. Ihre ARD-Show „Kroymann“ wurde mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Grimme-Preis ausgezeichnet.

Bücher und Hörbücher
Annie Ernaux‘ Romane werden im französischen Original im Gallimard Verlag ediert. Auf Deutsch erscheinen sie in der Übersetzung von Sonja Finck im Suhrkamp Verlag. Der Audio Verlag veröffentlicht die Hörbücher von Ernaux.

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Geplante Sendungsabfolge
2.1.2023: Live-Auftritt zu „Erinnerungen eines Mädchens“ von Maren Kroymann
3.-11.1.2023: „Die Scham“ gelesen von Corinna Kirchhoff
12., 13.1.2023: „Der junge Mann“ gelesen von Maren Kroymann

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Mehr zu den Lesungen in hr2-kultur finden Sie hier.

Sendung: hr2-kultur, "Lesung", 12.01.2023, 9:05 - 9:30 Uhr.