Vor bald 100 Jahren wurde das Neue Frankfurt gebaut. Ernst May, Martin Elsaesser und Margarete Schütte-Lihotzky prägten mit ihren modernen Formen die Stadt. Im Roman von Florian Wacker tauchen sie alle auf. Aber seine beiden fiktiven Heldinnen Ella Burmeister und Franziska Goldblum bringen erst so richtig Leben in die Geschichte…

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Florian Wacker: Zebras im Schnee - als Podcast in der ARD Audiothek

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Franziska ist die Nichte des Advokaten Goldblum. Sie studiert Malerei, unterhält ihr eigenes Atelier und fühlt sich auch im Frankfurter Nachtleben der Wilden Zwanziger wie zuhause. Für sie ist das Leben "ein zappelndes Kunstwerk, ein frei herumspringendes Ding, das sich nie einfangen lässt". Ellas Eltern dagegen führen einen kleinen Laden in Sachsenhausen. Die Tochter soll rechnen lernen, man finanziert ihr ein Mathematikstudium. Doch dann schenkt Franziska ihrer Freundin eine Leica, und die Kamera wird für Ella zum dritten Auge, mit dem sie die Welt um sich herum verändert wahrnimmt. Das Objektiv spaltet ihren Blick in Einzelteile auf, schärft die Details, besonders fürs Menschliche. "Sie will das Leben sehen, die Männer und Frauen, den Boxer Max Schmeling, nicht seine heroische Gestalt, sondern sein menschliches Lächeln, sie will die Gesichter hinter dem Rausch sehen..." Als Ella kurz darauf von den aufstrebenden Baumeistern des Neuen Frankfurt entdeckt wird, holt sie mit ihrem menschlichen Blick das Leben in deren kühle Architekturen hinein. Doch die Zeiten ändern sich, Weltwirtschaftskrise und Nationalsozialismus rücken näher, und die Freundinnen werden auf harte Proben gestellt…

Der Roman "Zebras im Schnee" steht in diesem Jahr im Zentrum von "Frankfurt liest ein Buch". Zum Lesefestival präsentiert hr2-kultur eine gekürzte Fassung des Buchs, die sich auf die Handlungsebene in den 1920er Jahren konzentriert. Der Roman enthält auch eine Gegenwartsebene, auf der ein Kunsthistoriker namens Richard im New York der 2020er Jahre ein Foto seiner Mutter Franziska mit einer fremden Frau entdeckt - und sich auf deren Spuren begibt. Er fragt sich: Warum hat seine Mutter nach der Immigration in die USA 1933 mit ihrer Familie nie von dieser Ella gesprochen? In welchem Verhältnis standen die Frauen zueinander? Und was geschah mit ihrem Werk?

Sarah Grunert lässt die Geschichte der beiden Frauen, die es in den 1920er Jahren wagen Künstlerinnen zu werden, für hr2-kultur lebendig werden. Die Schauspielerin studierte an der Bayerischen Theaterakademie August Everding. Während ihres Studiums spielte sie am Prinzregententheater München und am Bochumer Schauspielhaus, wo sie ab 2013 festes Ensemblemitglied wurde. 2017 wechselte sie an das Schauspiel Frankfurt. Grunert wurde schon mit mehreren Theaterpreisen ausgezeichnet. Seit 2011 ist sie auch als Sprecherin zu erleben, u.a. in Lesungen und Hörspielen des Hessischen Rundfunks.

Florian Wacker, geboren 1980 in Stuttgart, studierte Heilpädagogik und Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sein literarisches Debüt "Albuquerque" erschien 2014 und versammelt Kurzgeschichten in der amerikanischen Tradition von William Faulkner oder Richard Yates. Es folgten vier weitere Bücher, darunter der 2021 veröffentlichte Roman "Weiße Finsternis", der vorab mit dem Robert Gernhardt Preis ausgezeichnet wurde. Sein aktueller Roman „Zebras im Schnee“ erscheint im Berlin Verlag – und es ist das Buch, das Frankfurt im Jahr 2024 liest.

Produktion: hr 2024
Regie: Marlene Breuer
Ton und Technik: Josuel Theegarten
Besetzung: Heike Oehlschlägel
Assistenz: Natalie Gengnagel
Redaktion: Julika Tillmanns

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Sendung: hr2-kultur, "Lesung", 17.04.2024, 9:30 - 10:00 Uhr.