„Es lebten Josef und Maria in einem kleinen Ort mit Namen Nazareth, an einem Fleck von wenig und wenigen, im Lande Galiläa. Sie bewohnten ein Haus, das, fast allen anderen gleich, eher ein ungefüger Würfel aus Lehmziegeln war“ – so beginnt Saramagos Erzählung von Jesus‘ Leben. Wir senden eine gekürzte Lesung des großen Romans – zum 100. Geburtstag des portugiesischen Literaturnobelpreisträgers.

In der Geschichte von José Saramago hat Jesus schon ein gewaltiges Päckchen zu tragen. Da ist die Schuld seines Vaters, die im Jugendalter auf ihn übergeht: Nach Herodes Ankündigung, alle Jungen von Bethlehem zu töten, weil unter ihnen der neugeborene König der Juden sei, rettet Joseph nur seine eigene Familie und flieht mit seiner Frau Maria und dem Kind zurück nach Nazareth – anstatt alle Familien des Ortes zu warnen. Doch wie lebt man damit, der einzige Überlebende seiner Alterskohorte zu sein, während alle anderen dem Zorn des Herodes zum Opfer gefallen sind?

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14.11.-2.12.2022 (15 Folgen)
Montag-Freitag 09:05 Uhr, Wiederholung um 14:30 Uhr.
Jede Folge ab Sendedatum für 7 Tage online auf hr2.de und als Komplettangebot vom 14.11. bis 27.12.2022 in der ARD-Audiothek.

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Nur eines von vielen Beispielen, in welcher Weise José Saramago in seinem Roman „Das Evangelium nach Jesus Christus“ die Bibel befragt und der Christusfigur menschliche Züge verleiht. In dieser Version der Geschichte geht Jesus lebenshungrig und sinnenfroh, aber auch ängstlich und zweifelnd durch die Welt. Im Gespräch mit Gott erfährt er schließlich auch von der Zukunft der Christenheit, inklusive so dunkler Kapitel wie Inquisition und Kreuzzüge. Bei Erscheinen des Buchs vor mehr als 30 Jahren hat Saramagos Kirchenkritik hohe Wellen geschlagen. Heute kann man die Geschichte wohl gelassener als kritische Auseinandersetzung mit der Bibel auffassen, bei der dem alten Text auch viel Spannung und neues Leben einhaucht wird.

José Saramago (1922-2010) wurde in Azinhaga in der portugiesischen Provinz Ribatejo geboren. Er entstammt einer Landarbeiterfamilie und arbeitete als Maschinenschlosser, technischer Zeichner und Angestellter. Später war er Mitarbeiter eines Verlags und Journalist, bevor er Schriftsteller wurde. Während der Salazar-Diktatur gehörte er zur Opposition. Den Nobelpreis für Literatur erhielt er im Jahr 1998.

Wir senden eine gekürzte Fassung des umfangreichen Romans „Das Evangelium nach Jesus Christus“ in einer Bearbeitung von Heide Böwe. Der bekannte österreichische Schauspieler Cornelius Obonya hat den Roman gelesen, die Regie führte Götz Frisch. MDR 2006

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Buchangaben: José Saramago: Das Evangelium nach Jesus Christus
Deutsch von Andreas Klotsch
Hoffmann & Campe, 2018

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Sendung: hr2-kultur, "Lesung", 02.12.2022, 9:05 - 9:30 Uhr.