"In Gaza geschieht schwerstes völkerrechtliches Unrecht, hervorgerufen durch die israelische Kriegsführung", so die Rechtsexpertin Stefanie Bock mit ihrem Kollegen Kai Ambos Ende Mai 2025 im Verfassungsblog. Über das Ausmaß der Zerstörungen, des Hungers und der Krankheiten, über die Zahl der Toten, Verletzten und Vertriebenen im Gaza-Streifen gibt es keine unabhängigen Untersuchungen.

Aber Notfallmediziner wie Sebastian Jünemann von Cadus, der einzigen deutschen Hilfsorganisation in Gaza, schildern katastrophale Zustände in dem schmalen Küstenstreifen. Begeht Israel in Gaza einen Genozid? Was sagt das Völkerrecht zu Israels Angriff auf Iran? Hat das Völkerrecht überhaupt etwas zu sagen?

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Es ist nicht so, dass Gaza gleich Hamas ist, sondern Hamas ist eine Miliz, die momentan faktisch die Macht in Gaza hat. Aber es gibt da sehr unterschiedliche Menschen. Natürlich können auch die Stimmungen schwanken. Tatsächlich gibt es keinen Menschen mehr, der nicht Angehörige mittlerweile verloren hat und zeitgleich selber hungert und quasi nicht weiß, wie er die nächsten drei oder vier Tage überleben soll. - Wichtig ist nur, es ist nicht so, dass dort ein ganzer Landstrich hinter dem steht, was die Hamas tut. Aber ein ganzer Landstrich mit der ganzen Bevölkerung wird gleichermaßen gerade bestraft. Zitat von Sebastian Jünemann
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Wollen wir lieber in einer Welt leben, wo es rechtliche Regulierung, wie das humanitäre Völkerrecht gibt, wo es Gerichte wie den Internationalen Gerichtshof und den Internationalen Strafgerichtshof gibt, die dieses Recht durchsetzen? Oder wollen wir das nicht? Ich möchte lieber in der ersten Welt leben.
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Stefanie Bock, geb. 1978 in Winsen, ist seit 2016 Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Rechtsvergleichung an der Uni Marburg. Sie hat in Hamburg Jura studiert, über "Das Opfer vor dem Internationalen Strafgerichtshof" promoviert und sich an der Uni Göttingen habilitiert. Seit 2018 ist sie Direktorin des Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse in Marburg sowie langjähriges Mitglied der Strafrechtskommission des Deutschen Juristinnenbundes e.V. Sie ist u.a. Herausgeberin (mit Markus Wagner) von "Gerechtigkeit aus der Ferne? Herausforderungen der nationalen Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen" (Duncker & Humblot, 2023).

Sebastian Jünemann, geb. 1977 in Nordheim, ist seit 2014 Mitbegründer und Co-Geschäftsführer von Cadus e.V. Die Berliner Hilfsorganisation leistet weltweit Nothilfe bei Krisen, Konflikten und Katastrophen, arbeitet mit Wissenschaftlern und lokalen Partnern zusammen und setzt sich kritisch mit der Rolle humanitärer Hilfe auseinander. Jünemann hat Biologie, Pädagogik und Organisationspsychologie in Göttingen studiert. Als Notfallmediziner war er seit 1999 regelmäßig in der humanitären Hilfe im Einsatz und hat neben seinem Studium durchgehend in leitender Funktion im Rettungsdienst gearbeitet. 2024 war er für Cadus mehrere Wochen im Gaza-Streifen. Cadus ist derzeit die einzige deutsche Hilfsorganisation in Gaza

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Sendung: hr2-kultur, "Der zweite Gedanke", 26.06.2025, 15:04 Uhr.

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