Literaturland Hessen | Thomas Mann - Deutsche Hörer
"Am deutschen Volk rächt sich sein Wahn und Rausch" – Thomas Manns BBC-Rundfunkreden an "Deutsche Hörer" von 1940-45
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Literaturland Hessen | Thomas Mann - Deutsche Hörer
Hitler hatte ihn ausgebürgert, als er noch in der Schweiz im Exil lebte. Und als er 1938 in die USA ging, schrieb Thomas Mann diesen Satz: "Wo ich bin, ist Deutschland".
Ja, man kann einem deutschen Bürger den Pass, aber einem Thomas Mann nicht das Deutschsein nehmen. Denn er verkörperte mit seinen literarischen Werken die deutsche Sprache, er repräsentierte die "deutsche Kultur". Und er konnte sie überall hin mitnehmen.
Anfangs zögerte er noch, ob er seine Abscheu vor dem Nationalsozialismus gemeinsam mit den anderen Emigranten öffentlich aussprechen sollte. Dabei hatte er sich bereits lange vor 1933 gegen diese "Totschlagelust" der Nazis empört, "diese Elendsmischung aus vermufften Seelentümern und Massenklamauk". Denn er fürchtete noch anfangs im Exil, seine Bücher im Reich verboten zu sehen und seine Leser dort zu verlieren. Nachdem ihn insbesondere seine ältesten Kinder Erika und Klaus ermahnt hatten, wurde Thomas Mann jedoch ab 1936 immer kämpferischer und polemischer in seinen Worten gegen die Nazi-Barbarei. Erst recht, als er ab Oktober 1940 die Gelegenheit erhielt, für die BBC-Reden an "Deutsche Hörer" zu halten, die der englische Sender ins Deutsche Reich ausstrahlte.
Ruthard Stäblein spricht mit Hans Sarkowicz über die Bedeutung dieser Rundfunkansprachen.
Wir senden einen gekürzten Mitschnitt vom 17. März 2025 aus dem Holzhausenschlösschen in Frankfurt. Eine Veranstaltung der Frankfurter Bürgerstiftung. Den kompletten Mitschnitt finden Sie auch hier als Video.
Die Mitwirkenden
Hans Sarkowicz war von 1979 bis 2021 beim Hessischen Rundfunk, zuletzt als Programmleiter von hr2 kultur. Zu seinen Publikationen gehören Bücher zu kulturhistorischen und zeitgeschichtlichen Themen, Biografien über Schriftsteller und Schauspieler sowie Hörbücher, darunter "Die Stimmen der Familie Mann, Geheime Sender. Der Rundfunk im Widerstand gegen Hitler" und zuletzt die beiden Originalton-Anthologien "Jahrhundertstimmen" 1900–1945 und 1945–2000 (zus. m. Christiane Collorio, Ines Geipel, Ulrich Herbert, Michael Krüger und Annette Vogt).
Ruthard Stäblein, geboren in Mellrichstadt. Studium der Romanistik, Germanistik, Komparatistik und Philosophie in Berlin, Tübingen, Toulouse und an der Sorbonne in Paris. Danach als Assistent, Lektor und Dozent in Paris und Nancy: Mitglied in der Forschungsgruppe "Culture de Weimar" an der Pariser "Maison des Sciences de l'Homme". Publikationen zur Wiener Moderne und zur "Dekadenz" in verschiedenen Sammelbänden. Herausgeber von "Identitätskrise und Surrogatidentitäten. Zur Wiederkehr einer romantischen Konstellation" (Campus-Verlag) sowie einer Reihe über Moral seit 1992 in fünf Bänden, erschienen bei Fischer und Insel. Seit 1988 Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks, Redakteur für Literatur. Dramaturgische Einrichtung von Hörbüchern wie "Der Mann ohne Eigenschaften" von Robert Musil; "Atemschaukel" von Herta Müller; Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Thomas Bernhard; "Schopenhauer in 100 Minuten"; "Autobiographische Schriften" von Thomas Bernhard; „Freiheit“ von Jonathan Franzen; "Der Traum des Kelten" von Mario Vargas Llosa; "Die sterblich Verliebten" von Javier Marias, "Nietzsche in 100 Minuten" u.v.a.
Sendung: hr2-kultur, "Literaturland Hessen", 01.06.2025, 12:04 Uhr