Gut informiert mit dem aktuellen Kulturgespräch und entspannter Musik durch den Nachmittag. Gespräch mit der Schriftstellerin Charlotte Gneuß

"Gittersee"

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Gespräch mit der Schriftstellerin Charlotte Gneuß

hr2-Kulturgespräch
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Dieses Buch hat für Diskussionsstoff gesorgt. "Gittersee", der Debütroman von Charlotte Gneuß, befragt das Leben in der DDR in den 70er Jahren. Hochgelobt wurde der Text für die Longlist des Deutschen Buchpreises ausgewählt. Dann tauchte eine sogenannte "Mängelliste" auf. Der S. Fischer Verlag, in dem der Roman erschienen ist, hat seinem Autor Ingo Schulze das Manuskript von "Gittersee" lange vor Erscheinen des Romans zugeschickt. Daraufhin hat Schulze eine 24 Punkte umfassende Liste mit Korrekturvorschlägen erstellt. Diese umfassen bestimmte Worte und Ausdrücke, die von Gneuß verwendet, in der DDR aber nicht gebräuchlich waren. Auch beschriebene Situationen wären nicht authentisch - ein Beispiel: Im Roman, der im Dresden der 1970er Jahre spielt, nimmt die 16-jährige Protagonistin Karin ein Bad in der Elbe. Ingo Schulze merkt an, "in dieser Dreckbrühe", so wörtlich, habe man 1976 nicht schwimmen können. Ob relevant oder nicht - über Verlagskreise hinaus fand diese Liste ihren Weg in die Öffentlichkeit und die Jury-Kreise des Buchpreises. Charlotte Gneuß wurde von vielen angegriffen. Die Frage steht im Raum: Muss Literatur authentisch sein? Verliert ein Roman an literarischem Wert, wenn darin beschriebene Details nicht deckungsgleich sind mit den vermeintlichen Tatsachen? Solche Fragen und vielleicht auch die, warum in großen Kreisen des Literaturbetriebs mittlerweile nur noch ein schnöder Realismus geduldet wird, lassen sich anhand der nun aufgeflammten Debatte um Charlotte Gneuß‘ Debütroman "Gittersee" wieder einmal diskutieren.

Sendung: hr2-kultur, "Am Nachmittag", 23.11.2023, 15:04 - 18:00 Uhr.