So klang eine zeitkritische Analyse im Radio 1957. In seinem Feature "Acht Minuten Welt in Scherben" untersuchte Hans Magnus Enzensberger angereichert mit vielen akustischen Schnipseln und Beispielen die damals beliebte Nachrichtensendung "Wochenschau".

Nur in wenigen Haushalten standen Fernseher. Wer sich über das aktuelle Weltgeschehen informieren wollte, der ging ins Kino. Vor dem Hauptfilm lief die "Wochenschau", die allerdings mehr das Unterhaltungsbedürfnis der Zuschauer befriedigte, als wirklich über das Weltgeschehen zu informieren. Zu diesem Schluss jedenfalls gelangte Enzensberger bei seiner kritischen Musterung. Das was gezeigt werde, besitze so gut wie keine inhaltliche Aussagekraft. Das Bild dominiere. Ihm werde alles andere untergeordnet. Für eine differenzierte Auseinandersetzung mit den angesprochenen Themen bleibe keine Zeit. Die Überlegungen von Enzensberger muten erstaunlich aktuell an. Zwar gibt es keine "Wochenschau" mehr, aber die populistischen Kriterien für ihre Gestaltung haben sich fast unverändert bis heute erhalten und prägen Fernsehsendungen, die vorgeben unterhaltend informieren zu wollen.

Der Schriftsteller, Kritiker, Übersetzer und Herausgeber Hans Magnus Enzensberger (*1929) ist am 24. November gestorben. Aus unserem Archiv präsentieren wir eines seiner ersten Radiofeatures aus den 50er Jahren.

Sendung: hr2-kultur, "Archivschätze", 17.12.2022, 14:04 Uhr.