Der Schriftsteller Milo Dor und sein Freund, der Übersetzer und Schriftsteller Reinhard Federmann, spüren in diesem Radio-Feature aus dem Jahr 1953 der Frage nach, wie Menschen in Träumen die Jahre des 2. Weltkrieges verarbeiten. So offenbaren Traumsequenzen, die akustisch in szenische Monologe gefasst sind, traumatische Erfahrungen von Krieg, Konzentrationslager, Gewalt und Verlusten während des Nationalsozialismus. Die Träume erzählen aber auch wie individuelle Lebensentwürfe an der Realität des Krieges zerbarsten, zunichte gemacht wurden oder sich gänzlich veränderten.

Milo Dor, am 7. März 1923 als Milutin Doroslovac in Budapest geboren, in Belgrad aufgewachsen, war ein österreichischer Schriftsteller serbischer Herkunft, zudem Übersetzer. Er verfasste zahlreiche sozialkritische Romane. Am bekanntesten wurde er mit der Trilogie Raikow-Saga. Er war in der jugoslawischen Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung aktiv. Im März 1942 wurde er durch die Belgrader Spezialpolizei verhaftet, die der deutschen Gestapo unterstand, erlitt Gefängnis- und Lageraufenthalte, und dabei auch Folter. 1943 schoben ihn die Deutschen als Fremdarbeiter nach Wien ab. 1944 folgte eine erneute Verhaftung mit anschließender Schutzhaft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs studierte Milo Dor Theaterwissenschaft und Romanistik an der Universität Wien und war gleichzeitig als deutsch schreibender Journalist, auch für das Radio tätig. Mit Reinhard Federmann war er befreundet und schrieb mit ihm gemeinsam zahlreiche Bücher. Ab 1951 war er Mitglied der Gruppe 47. Außerdem gehörte er dem Österreichischen PEN-Club an und war langjähriger Präsident der IG Autorinnen Autoren. Er starb am 5. Dezember 2005 in Wien.

 

Reinhard Federmann (12.02.1923-29.01.1976) lebte und arbeitete als Übersetzer und Schriftsteller in Wien und München. Er war der Sohn eines Wiener Oberlandesgerichtsrats, der als "Halbjude" nach dem Anschluss Österreichs entlassen wurde und Selbstmord beging. Er wurde als Soldat in den Krieg eingezogen, an die Ostfront, und geriet in Sowjetische Kriegsgefangenschaft. Nach 1945 wurde er Verlagsvolontär, danach arbeitete er als Journalist und schrieb zeitkritische Romane, die sich nur mäßig verkauften. Gemeinsam mit Milo Dor arbeitete er an Hörspielen, Kriminalromanen, zum Teil auch Sachbüchern. Anfang der 1970er Jahre gab er die Zeitschrift "Pestsäule" heraus und plante einen Roman über seine jüdischen Vorfahren zu schreiben. Auch er war Mitglied des österreichischen P.E.N.-Clubs.

Sendung: hr2-kultur, "Archivschätze", 25.01.2025, 14:04 Uhr.