ARD-Oper "Animal Farm" - neue Oper von Alexander Raskatov aus Wien
Sendetermine
Die Revolution frisst ihre Kinder, auch wenn es Tiere sind. Und so entsteht unter den Vierbeinern nach dem erfolgreichen Aufstand gegen ihre Peiniger aus der Forderung der Gleichheit alsbald ein diktatorisches Regime - schlimmer noch als das der vertriebenen Menschen.
Old Major - Gennady Bezzubenkov
Napoleon - Wolfgang Bankl
Snowball - Michael Gniffke
Squealer - Andrei Popov
Boxer - Stefan Astakhov
Benjamin / Pigetta - Karl Laquit
Minimus - Artem Krutko
Clover - Margaret Plummer
Muriel - Isabel Signoret
Blacky - Elena Vassilieva
Mollie - Holly Flack
Mr. Jones - Daniel Jenz
Mrs. Jones - Aurora Marthens
Mr. Pilkington - Clemens Unterreiner
Chor und Orchester der Wiener Staatsoper
Leitung: Alexander Soddy
(Aufnahme vom 2. März 2024 aus der Staatsoper)
George Orwells "Animal Farm" erschien 1945, gedacht als Parabel auf die Pervertierung der sozialistischen Ideen in der Sowjetunion - vor allem durch den stalinistischen Terror - und das oftmals falsche Bild, das man sich davon im Westen machte. Just am Tag von Stalins Begräbnis, dem 9. März 1953, wurde Alexander Raskatov in Moskau geboren und auch seine Familie war Repressionen und Verfolgungen ausgesetzt. Erst in den 1990er Jahren verließ der Komponist im Zuge der Perestroika seine Heimat und hat sich nun der Tierfabel angenommen, die auch viel mit seiner persönlichen Geschichte zu tun hat.
Erzählt wird in der "Farm der Tiere", wie nach der gelungenen Befreiung die aufgestellten Grundsätze nach und nach missachtet werden: die Schweine übernehmen zusehends die Herrschaft in der doch angeblich herrschaftsfreien und gleichen Rangordnung, schwingen sich zu todbringenden Richtern auf und beginnen schließlich auch wieder mit den Menschen, ihren einstigen Unterdrückern, zu handeln und zu paktieren. Musikalisch bedient sich Alexander Raskatov einer vielschichtig avancierten, nervös zuckenden und durchaus auch von tierischen Assoziationen inspirierten Klangsprache, die umso tonalere und eingängigere Züge zeigt und gelegentlich sogar süßlich wird, je mehr sich die Tiere den Menschen wieder annähern und zusehends grausamer werden - eine bittere Pointe.
Entstanden ist das Werk als Auftragskomposition mehrerer Opernhäuser, auf Anregung des Regisseurs Damiano Michieletto. Dessen ebenso beeindruckende wie beklemmend-bedrückende Inszenierung spielt nicht auf einer Farm, sondern bezeichnenderweise sogleich im Schlachthaus, und war nach der Uraufführung im März 2023 an der Niederländischen Nationaloper in Amsterdam nun auch mit großem Erfolg in Wien zu erleben.
Sendung: hr2-kultur, "ARD Oper", 29.06.2024, 20:03 Uhr.