Diese "Schule der Liebenden" - wie die Oper im Untertitel heißt - prangert zwar vorderhand und deutlich chauvinistisch die angeblich naturgegebene Untreue der Frauen an, immerhin aber geraten die Männer im Verlauf der leicht albernen Verkleidungsgeschichte auch ein wenig unter die Räder. Und das etwas hilflose Fazit "So machen’s alle" kaschiert nur dürftig die seelischen Verwirrungen und Verirrungen, die sich in dieser vorgeblichen Komödie auftun.

Fiordiligi - Louise Alder
Dorabella - Avery Amereau
Guglielmo - Konstantin Krimmel
Ferrando - Sebastian Kohlhepp
Don Alfonso - Christian Gerhaher
Despina - Sandrine Piau

Chor und Orchester der Bayerischen Staatsoper
Leitung: Vladimir Jurowski

(Aufnahme vom 26. Oktober 2022 aus dem Nationaltheater)

"Così fan tutte" war nach dem "Figaro" und "Don Giovanni" die dritte und letzte Zusammenarbeit des Erfolgsduos Mozart - Lorenzo da Ponte. Die Uraufführung fand 1790 im Wiener Burgtheater statt, es kam allerdings nur zu wenigen Vorstellungen, da nach dem Tod von Kaiser Joseph II. im Februar alle Theater geschlossen wurden. Auch später hatte es das Werk schwer, vor allem wegen des Librettos, auf das schon kurz nach der Entstehung heftigst eingeprügelt wurde - von Beethoven bis Wagner waren sich alle einig, dass Mozart hier sein Talent an einem "unwürdigen" Stoff verschwendet hatte.

Und die Geschichte ist ja auch etwas eigentümlich: aufgrund einer Wette über die angezweifelte Beständigkeit der Frauen, beschließen zwei Verlobte ihre Angetrauten auf die Probe zu stellen und zu verführen. Und zwar über Kreuz, also jeweils die Frau des anderen, und das Ganze in recht klamaukiger Verkleidung. Sie sind schließlich erfolgreich, auf dem Weg dahin aber sorgt die Musik dafür, dass aus den zunächst gespielten Gefühlen echte werden oder werden könnten. Mozart nimmt seine Figuren ernst, und die Komödie kippt dadurch in ein fast schon intimes Szenario, in dem die Personen ganz auf sich gestellt sind: allein gelassen mit ihren irritierenden Erfahrungen. Der Preis für die neue Liebe ist dabei der Verrat an der alten, und die am Ende schnell herbeigeführte, fragwürdige Versöhnung hinterlässt niemand unbeschadet aus dieser wehmütigen Burleske.

Die erste Münchner Inszenierung des australischen Regisseurs Benedict Andrews wurde von Publikum und Kritik mit gemischten Gefühlen aufgenommen, den meisten Beifall unter dem insgesamt exzellenten Sänger-Ensemble bekamen zurecht Louise Alder und Christian Gerhaher. Und Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski, der im Nationaltheater die selten zu hörende dreieinhalbstündige Fassung des Werks mit allen sonst gerne ausgelassenen originalen Arien aufs Programm setzte.

Anschließend:
Schubert: Klaviersonate A-Dur D 664 (Mitsuko Uchida)

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 07.10.2023, 20:04 Uhr.