1003 Frauen allein in Spanien! Das Ende des Treibens des ebenso berühmten wie skrupellosen Verführers und seines leidgeplagt Buch führenden Dieners aber naht - samt abschließender Höllenfahrt - in Form einer turbulenten dramatischen Komödie: Mozart macht’s möglich.

Don Giovanni - Timothy Murray
Il Commendatore - James Platt
Donna Anna - Emőke Baráth
Don Ottavio - Eric Ferring
Donna Elvira - Chiara Skerath
Leporello - Vladyslav Buialskyi
Masetto - Sergio Villegas Galvain
Zerlina - Marie Lys

Chor der Oper Lille
Le Concert d'Astrée
Leitung: Emmanuelle Haïm

(Aufnahme vom 7. Oktober 2023 aus der Opéra de Lille)

"Die Oper aller Opern", meinte E. T. A. Hoffmann schlicht und auch der sonst eher zur Nüchternheit neigende Bertolt Brecht notierte "dieser Gipfel ist nie wieder erreicht worden". Der "Don Giovanni" war der zweite Streich des Erfolgsduos Mozart - Lorenzo da Ponte. Schon mit "Le nozze di Figaro" waren die beiden vor allem in Prag stürmisch gefeiert worden, und so kam von dort auch der Auftrag für das neue Werk, das im Oktober 1787 ebenfalls mit "lautestem Beyfall" - wie der Komponist schrieb - über die Bühne ging.

Dass der Stoff als "Dramma giocoso", also als "Opera buffa", daher kommt, mag verwundern, stand aber ganz in der Tradition der üblichen Behandlung des Sujets - zwischen volkstümlichem Stegreiftheater, christlich-moralischem Lehrstück und spanischer Mantel- und Degenposse. Aber erst mit Mozarts musikalischer Deutung wurde der "Don Juan" zu dem Mythos, der er bis heute ist. Und das virtuose In- und Übereinander der dramatischen und burlesken Elemente gerade in den Ensembleszenen dürfte den Komponisten ganz besonders gereizt haben in dieser vertrackten Komödie, deren Happy End für das 19. Jahrhundert nur schwer zu verkraften war und deshalb oft und gerne gestrichen wurde.

In Lille stand der "Don Giovanni" letzten Herbst zum 100. Geburtstag der dortigen Oper auf dem Programm. Das Stück hatte 2003 auch schon die Wiedereröffnung des Hauses nach einer langen Umbaupause eingeleitet, so dass gleich ein doppeltes Jubiläum gefeiert werden konnte . Die Leitung hatte mit Emmanuelle Haïm eine Barockspezialistin, die ihre wie gewohnt kleinbesetzte Formation "Le Concert Astrée" flott und schwungvoll durch die Partitur führte. Das Ensemble gehört übrigens seit 2004 zu den "Hausorchestern" der Oper in Lille und ist dort in jeder Saison in mindestens einer Aufführung zu erleben.

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 24.02.2024, 20:04 Uhr.