Ferdinand von Schirach

Das ist nicht einfach eine Lesung: Das Licht geht aus, es ist ganz dunkel – und dann steht er auf einmal angeleuchtet vorne an der Bühne und fragt: "Mögen sie Regen?" Ferdinand von Schirach als bürgerliche Erscheinung, Maßanzug, sehr gewählte Ausdrucksform, formvollendet. Er liest nicht, sondern trägt den Text des Buches vor, ein paar spontane Exkurse inklusive. Niemand sollte sich gelangweilt haben, denn er nimmt sein Publikum gelegentlich mit, klagt über Raucherfeinde, zündet sich eine an – Applaus. Applaus auch, wenn er über die Unausweichlichkeit von Ambivalenz spricht – was ist schon eindeutig im Leben? Oder in der Literatur? Alles munter witzig dahererzählt, stets mit Haltung, etwa zum Antisemitismus. Ferdinand von Schirach versteht es geschickt, in Kulturanekdoten Nachdenkliches und Unterhaltendes zu verbinden. Das kommt sehr gut an, ob Tod oder Ehekrach, der tödlich ausging – seine Leichtigkeit hilft, auch die schlechte Nachrichten zu verarbeiten.

Ferdinand von Schirach:
Regen
Luchterhand

Sendung: hr2-kultur, 29.11.23, 7:30 Uhr