Der Künstler Oliver Schaffer ordnet Playmobil-Figuren an

Hohe Kunst und Kinderspielzeug, das passt nicht zusammen! Oder doch? Die Kasseler Gemäldegalerie im Schloss Wilhelmshöhe hat den Dioramenkünstler Oliver Schaffer eingeladen, ihre Sammlung mit Szenen aus Playmobil-Figuren zu kommentieren. Dreißig kleine und große Tableaus sind entstanden. Sie übersetzen die Bilder der Alten Meister nicht nur für Kinderaugen. 

Das sind lauter Szenen aus Playmobilfiguren. Diese sind fast genauso gekleidet wie die Figuren auf den Bildern, auch Tiere, Bäume und Gebäude sind aus Playmobil nachgestellt. Das kleineste Diorama bezieht sich auf ein Landschaftsgemälde des Malers Paulus Potter und besteht aus nur vier Kühen, einem Baum und einer Kröte. Das größte bezieht sich auf ein Bild aus dem 17. Jahrhundert, das eine antike Morallehre verkörpert. Hier sind ein paar hundert Figuren untergebracht.

Funktioniert das denn? Gewinnen die Bilder durch die Playmobilfiguren?

Es ist eine Erweiterung des Sehens. Eine spielerische Erweiterung, ganz klar. Diese Dioramen, die Oliver Schaffer inszeniert hat, richten sich an Kinder, aber nicht nur. Wenn man sich aber bückt und auf Höhe von Kinderaugen durch die Vitrinen schaut, sieht man hinter den Spielfiguren ganz deutlich die Gemälde. Und kann vergleichen. Und es gibt viele Details, die im Playmobil auffallen. Wie z.B. vor den Kühen eine kleine Kröte. Die Playmobilkröte ist grün, man sieht sie relativ schnell. Auf dem Ölgemälde muss man lange schauen und selbst, wenn man sie mit den Augen sucht, entdeckt man sie nicht gleich. Das hat schon eine eigene Magie, diese Szenen mit den Spielfiguren, sie schaffen einen ganz unmittelbaren und unverstellten Zugang.

Wie kommt der Künstler dazu, solche Szenen mit Playmobil nachzubauen, er muss ja über einen großen Fundus verfügen?

Oliver Schaffer besitzt eine der größte Playmobilsammlungen der Welt mit etwa 3 Millionen Einzelteilen und 400.000 Sets. Das ist eine Leidenschaft, die bei ihm im Alter von drei Jahren begann. In gewisser Weise hat er sein Kinderzimmer seither nicht verlassen. Er sammelt seit 42 Jahren Playmobil. Und ob es nun antike Götter sind, Papageien und Löwen, Bauern, Ritterrüstungen oder mittelalterliche Handwerker, er kann mittlerweile mit den bunten Figuren fast jedes Sujet nachbauen. Seit 20 Jahren entwickelt er große Schauen für Museen. Meistens allerdings im Bereich Technik und Kulturwissenschaften. Kassel ist nun seine erste Schau, die er für eine große Gemäldegalerie entwickelt hat.  Hier übersetzt er die zweidimensionalen Bilder in dreidimensionale Räume. Diese werden mit einer großen Hingabe für Details ausgestattet.

Was macht er denn, wenn er Portraits nachstellt? Diese zeigen ja meistens nur das Brustbild eines Mannes oder einer Frau, da gibt es ja keine großen Szenen drumherum?

Oliver Schaffer hat eine Reihe von Portraits in der aktuellen Ausstellung nachgestellt. Und er tut das, indem er das Bild erweitert. Er denkt sich die Räume zu den Personen dazu. So hat er beispielsweise da Atelier von Albrecht Dürer nachgebaut. Denn in Kassel hängt das weltbekannte der Elsbeth Tucher, die früher auf dem 20-Mark-Schein abgebildet war. Diese Elsbeth Tucher steht jetzt als 7,5 cm kleine Playmobilfigur im dunkelgrünen Gewand und mit ihrer Haube auf dem Kopf neben einer Staffelei. Daneben dann Dürer mit Bart und Palette in der Hand. Beide Figuren sind in einem Raum aus Fachwerk und mit Butzenfenstern. In dieser Szene bringt Tucher auch noch Malmaterialien, Möbel und sogar eine Ratte unter, die über den Dachboden läuft. Er interpretiert also frei und denkt in gewisser Weise um die Bilder herum, denn die Dioramen haben ja alle auch eine Rückseite und da kann man immer was entdecken.

Ist denn in jedem Raum im Kasseler Schloss Wilhelmshöhe jetzt ein Playmobil-Diorama zu finden?

In den meisten. Ein paar Dinge kann man nicht mit Playmobil darstellen, dazu gehört Sex und Gewalt, also keine Akte, keine Kampfszenen. Aber ansonsten gibt es nahezualle Genres dargestellt und es macht eine Riesen-Lust die Dioramen zu entdecken und mit den Gemälden zu vergleichen. Und wenn man die Details aus den Playmobil-Szenen auf den Bildern sucht, schaut manch einer bestimmt genauer hin, als jemals zuvor! Für mich eine gelungene, sehr sympathische Intervention, die man super auch mit Kindern besuchen kann.

Sendung: hr2-kultur, 7.5.2024, 7:30 Uhr