Alles wurde lockerer: das Komponieren, die Kleidung, das Konzertpublikum und die Vorstellung, wie neue Musik zu klingen habe. Ein Zeitzeuge erzählt, wie solche Liberalisierung einherging mit einer großen Orientierungslosigkeit. Nur Karlheinz Stockhausen kannte die Richtung: zurück ins Mittelalter.

Der Zeitzeuge Werner Klüppelholz berichtet, wie in der neuen Musik ab 1980 alles lockerer wurde. Die strengen Tabus der Avantgarde verloren beim Komponieren ihre Gültigkeit, das Publikum nutzte Konzerte etwa zur Meditation (gern auch im Liegen) und es traten Leute wie Arvo Pärt auf, die bis dahin nicht unbedingt zur neuen Musik gezählt worden wären. Auch kamen in der BRD endlich Komponistinnen zum Zug. Eine solche Liberalisierung - die ebenfalls in der DDR spürbar wurde - kann man pluralistische Erweiterung nennen. Ihre Kehrseite war eine große Orientierungslosigkeit; ständig erklang die Frage, wohin die Entwicklung gehen solle.

Sendung: hr2-kultur, "Neue Musik", 01.06.2023, 21:30 Uhr.