Das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur und sein tragisches Ende waren in Paris in der wohl bekanntesten Opernversion in einer Traumbesetzung zu erleben. Da fällt der Abschied umso tränenreicher und ergreifender aus.

Juliette - Elsa Dreisig
Roméo - Benjamin Bernheim
Stephano - Lea Desandre
Tybalt - Maciej Kwaśnikowski
Mercutio - Huw Montague Rendall
Laurent - Jean Teitgen
Capulet - Laurent Naouri
Gertrude - Sylvie Brunet-Grupposo
Paris - Sergio Villegas Galvain
Benvolio - Thomas Ricart
Duc de Vérone - Jérôme Boutillier
Jean - Antoine Foulon
Manuela - So-Hee Lee
Pepita - Isabella Wnorowska-Pluchart
Angelo - Vincent Morell
Gregorio - Yiorgo Ioannou

Chor und Orchester der Pariser Oper
Leitung: Carlo Rizzi

(Aufführung vom 17. Juni 2023 aus der Opéra Bastille)

"Faust hat sein ebenbürtiges Gegenstück gefunden. So wie es nur einen Faust gibt, kann es nur einen Romeo geben". Hier ist nicht von Goethe und Shakespeare die Rede, sondern von Charles Gounod. Mit dem "Faust" hatte er 1859 seinen ersten und größten Erfolg, und nach der Uraufführung von "Roméo et Juliette" 1867 sah die Kritik hier den nächsten großen Coup des Komponisten. Es blieb denn auch bis heute nach dem "Faust" sein meistgespieltes Bühnenwerk.

Gounods Oper entstand nach einem Libretto von Jules Barbier und Michel Carré, mit denen er auch vorher meistens zusammengearbeitet hatte. Die beiden hielten sich textlich relativ eng an die Shakespearsche Vorlage, gewisse opernmäßige Abweichungen waren aber natürlich unvermeidlich: das große Schlussduett etwa, das es auch schon in Bellinis "I Capuleti e i Montecchi" gibt, kommt bei Shakespeare nicht vor, denn da ist Romeo schon tot, wenn Julia erwacht.

Nach der Uraufführung im Théatre Lyrique 1867 gab es noch diverse weitere Fassungen, 1888 fügte Gounod im 4. Akt ein Ballett ein, um den Gepflogenheiten der "Opéra" gerecht zu werden. Diese Version - mit stark gekürztem und an dieser Stelle überhaupt wenig sinnvollem Ballett - war jetzt auch in Paris zu hören, wo das Stück erstmals seit fast 40 Jahren wieder auf dem Spielplan stand.

Im manchmal etwas musicalhaft-überbordenden, insgesamt aber gelungenen Bastille-Regiedebüt von Thomas Jolly - der vom Theater kommt und ein ausgewiesener Shakespeare-Kenner ist - wurde der Romeo gesungen von Benjamin Bernheim, dem derzeit wohl weltbesten lyrischen französischen Tenor - wer will, kann das lyrisch und französisch auch weglassen. Elsa Dreisig an seiner Seite gehört - egal ob als Salome, Manon oder jetzt Juliette - inzwischen ebenso zu den ganz Großen ihres Fachs, und auch die kleineren Partien waren durchweg luxuriös besetzt, Lea Desandre etwa in der spitzbübischen Hosenrolle als Stephano. Ein wahres Sängerfest also - wenn auch am Ende ein trauriges. Denn, wie es zwar nicht in der Oper, aber bei Shakespeare heißt: "Niemals gab es ein so herbes Los, als Juliens und Romeos".

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 25.11.2023, 20:04 Uhr.