Zum 200. Geburtstag von César Franck kam in seiner Heimatstadt Lüttich eine seiner Opern auf die Bühne, von denen keine zu Lebzeiten des Komponisten jemals aufgeführt wurde. Und im Falle der "Hulda" dürfte weniger die Musik als das unbefriedigende Textbuch den Ausschlag gegeben haben.

Hulda - Jennifer Holloway
Eiolf - Edgaras Montvidas
Gudrun - Véronique Gens
Swanhilde - Judith van Wanroij
Gudleik - Matthieu Lécroart
Huldas Mutter - Marie Karall
Aslak - Christian Helmer
Halgerde - Marie Gautrot
Thordis - Ludivine Gombert
Eyrick - Artavazd Sargsyan
Gunnard - François Rougier
Eynar - Sébastien Droy
Thrond - Guilhem Worms
Arne - Matthieu Toulouse

Kammerchor Namur
Königliches Philharmonisches Orchester Liège
Leitung: Gergely Madaras

(Aufnahme vom 15. Mai 2022 aus dem Philharmonischen Saal)

Das Libretto zu dieser "skandinavischen Legende" - geschrieben von Charles-Jean Grandmougin nach einem Theaterstück des norwegischen Nobelpreisträgers Bjørnstjerne Bjørnson - hatte schon vor Francks Bearbeitung den strengen Richter der Pariser Oper vorgelegen: "Unsangbare Personennamen, Nichtigkeit der Charaktere, Naivität der Inszenierung - ein absolut unmögliches Stück", lautete das Urteil. Dass sich der vor allem als Organist bekannte Franck in den Jahren 1879-1885 trotzdem an die Vertonung des schließlich 1894 uraufgeführten Werks machte, mag verwundern.

Die im norwegischen Mittelalter zwischen zwei verfeindeten Familienclans sich abspielende Rachegeschichte hat wenig dramaturgische Spannung, es wird schnell und umstandslos gestorben, die Motivation der handelnden Personen ist fragwürdig. Und so ist das Interessante an dieser Oper, wie es der Komponist dennoch schafft, den Szenen Leben einzuhauchen. Wie etwa dem großen, an "Tristan" erinnernden Liebesduett im dritten Akt ein fast noch schöneres Liebesduett im vierten Akt folgt - mit dem gleichen Liebhaber, der verwunderlicherweise innerhalb kürzester Zeit zu seiner Verflossenen zurückfindet. Zwischengeschaltet ist dabei ein inhaltlich gänzlich verzichtbares, fast halbstündiges "Allegorisches Ballett", das aber musikalisch mit zum Feinsten gehört, was Franck überhaupt komponiert hat - er habe dabei "im Schlafanzug vor dem Spiegel getanzt", meinte der immerhin schon 63-jährige, hochvergnügte Komponist.

Will sagen: die Regie hat es nicht leicht bei dieser Oper. In der konzertanten Aufführung in Lüttich musste man sich darüber keine Gedanken machen, konnte aber mit einer bis in die kleinste Rolle großartigen Besetzung auftrumpfen. Mit dabei als Titelheldin die auch in Hessen vermutlich nicht unbekannte amerikanische Sopranistin Jennifer Holloway. In Frankfurt sang sie 2019 in "Der ferne Klang" von Franz Schreker die Protagonistin - inzwischen übrigens auch auf CD erschienen - und ist in dieser Saison nicht nur in der Wiederaufnahme dieses Werkes zu hören, sondern auch als Chrysosthemis in der "Elektra" von Richard Strauss.

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 04.03.2023, 20:04 Uhr.