Was auf der Wiener Bühne in der Inszenierung von Tom Morris als faszinierend bunt kostümiertes, ausgelassenes Hochzeitspektakel beginnt, endet schon bald in tiefer Trauer. Und Georg Nigl muss als Orpheus all seine Sangeskünste aufbieten, um die verlorene Eurydike wieder zu gewinnen - was letztlich misslingt. Aber es gibt ein Happy End - wir sind schließlich in der Oper.

Orfeo - Georg Nigl
Euridice - Slávka Zámečníková
Die Musik / Die Hoffnung / Echo - Kate Lindsey
Botin / Proserpina - Christina Bock
Pluto - Andrea Mastroni
Charon - Wolfgang Bankl
Apollo - Hiroshi Amako
Nymphe - Antigoni Chalkia
Hirten / Geister - Iurii Iushkevich, Narumi Hashioka, Aaron McInnis

Chor-Akademie der Wiener Staatsoper
Concentus Musicus Wien
Leitung: Pablo Heras-Casado

(Aufnahme vom 11. Juni 2022 aus der Staatsoper)

"Morgen wird der Herzog ein Stück aufführen lassen, welches einmalig sein wird, denn alle Mitwirkenden sprechen musikalisch". Was unter dieser schlichten Ankündigung am Hof von Mantua 1607 auf die Bühne kam, war zwar nicht das erste Stück seiner Art - es hatte von Peri und Caccini schon frühere Versuche gegeben - aber die Idee eines vollständig gesungenen musikalischen Dramas, also der Oper - inspiriert durch das leicht falsch verstandene, vermeintliche Vorbild der Antike - war etwas grundlegend Neues.

Und welches Thema wäre für eine solch verwegene Idee passender gewesen als der Mythos vom Steine erweichenden Sänger Orpheus, dessen Kunst sich selbst die Unterwelt nicht verschließen kann. Und auch wenn böse Stimmen immer wieder mal Zweifel an der handlungsmäßigen Wirkmächtigkeit der Singerei des Protagonisten angemeldet haben - der Fährmann Charon ist nicht ergriffen, sondern schläft ein, und Pluto, der Herrscher der Unterwelt, lässt Eurydike gehen, weil seine Gattin Proserpina ihn bezirzt - so bleibt Monteverdis "Orfeo" doch bis heute das erste bleibende und immer noch fesselnde Hohelied auf die Macht der Musik auf der Opernbühne.

In Wien wurde das Werk letzten Sommer - man höre und staune - zum allerersten Mal aufgeführt, mit einem begeistert gefeierten Georg Nigl in der Titelpartie. Den meisten Applaus neben ihm bekam Kate Lindsey in ihrer dreifachen Rolle als Musik, Hoffnung und Echo, und der Concentus Musicus Wien entfaltete auf seinem historischen Instrumentarium - über 50 Jahre nach der Wiederentdeckung der originalen Version der Oper durch das Ensemble und der inzwischen legendären Einspielung mit Nicolaus Harnoncourt - unter Pablo Heras-Casado eine beeindruckend üppige Farb- und Klangpracht.

Anschließend:

Raff: Sinfonie Nr.3 F-Dur op. 153 "Im Walde" (Bamberger Symphoniker / Hans Stadlmair)

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 04.02.2023, 20:04 Uhr.