Es ist seit vielen Jahren Tradition: Im Advent stimmen wir Sie wieder mit internationaler Musik auf das bevorstehende Weihnachtsfest ein. Mit 14 Konzerten aus 12 Ländern erwarten Sie die unterschiedlichsten Stilrichtungen: von Alter Musik über Barock, Klassik und Romantik bis zu Jazz und Folklore. Wie vielfältig die Musik zu Weihnachten klingt, können Sie im Stundentakt hören, dabei reisen wir von Helsinki und Göteborg über London und Paris bis nach Sofia und machen dabei dreimal Station in Deutschland – mit Konzerten aus Stuttgart, Hannover und München.

Aus Sofia

Cantanti Dai Monti Verdi:
Anna Yankova, Mezzosopran
Konstantin Beykov, Countertenor
Ivaylo Donkov, Tenor
Georgi Beykov, Bass
Severin Vasilev, Tenor und Leitung

Yanko Yankov, Bariton
Doroteya Dimitrova, Percussion

Sechs anonyme mehrstimmige Sätze von altrussischen Snamennyj- und Demestvennyi-Gesängen:
Hristos razhdayetsya (Christus ist geboren)
Trisagion "Volynka" (Heiliger Gott)
Slava Tebe (Ehre sei Dir, Herr)
Vozbrannoy voyevode (Dir, siegreicher Anführer)
Dostoyno est (Es ist wirklich wahr)
Blagovestvuyet Gavriil (Heute verkündet Gabriel)

Orlando di Lasso (1532-1594): "La nuict froide et sombre" aus "Les Meslanges", 1576

Séverin Cornet (ca. 1520-1582): "Parmì di star" aus "Canzoni napolitane", 1563

Jean de Castro (ca. 1540-ca. 1600): "Bonjour mon cœur" aus "Recueil des fleurs tiers livre", 1569

Giaches de Wert (1535-1596): "Questi odorati fiori" und "Con voi giocando Amor" aus "L’ottavo libro de madrigali a cinque voci", 1586
"Solo e pensoso" aus "Il settimo libro de madrigali a cinque voci", 1581

Juan Vásquez (ca. 1500-ca. 1560): "Zagaleja de lo verde", "Con qué la lavaré", "De los álamos" und "En la fuente del rosel" aus "Recopilación de Sonetos y Villancicos a quatro y a cinco", 1560

Anonymous: Villancicos de Navidad a cuatro voces aus "Villancicos de diversos autores", 1556:
No la debemos dormir
Rey a quien reyes adoran
Dadme albricias
Yo me soy la morenica
Alta Reyna soberana
Ríu, ríu, chíu

(Konzert vom 6. Dezember aus dem Studio 1 des Bulgarischen Rundfunks)

Das Weihnachtskonzert von "Cantanti Dai Monti Verdi" zeichnet den Verlauf eines festlichen musikalischen Tages nach. Es "dämmert" anonym im Osten mit der Aufführung eines frühen orthodoxen polyphonen Repertoires und "geht unter" im Westen mit einer Auswahl von ebenfalls anonymen vierstimmigen Villancicos de Navidad aus dem Cancionero de Upsala, 1556. Zwischen diesen beiden Stilen setzt das Ensemble seine Erkundung der Musik der "oltremontani" fort - der französisch-flämischen Komponisten, die in den Ländern des heutigen Italiens tätig waren, vor allem die Madrigale von Giaches de Wert. Eine Brücke zwischen diesen scheinbar disparaten musikalischen Elementen bildet schließlich eine Auswahl von Villancicos von Juan Vásquez, die die Einflüsse des Madrigals auf das Genre zeigen.

Bei "Cantanti Dai Monti Verdis" erstem Ausflug ins orthodoxe Repertoire bleibt das Ensemble für Alte Musik sich treu. Die Werke, die sie für ihr Weihnachtskonzert ausgewählt haben, stellen eine Auswahl der frühesten bekannten Versuche der sakralen Polyphonie in ostslawischen Ländern dar. Und es sind die frühesten unter ihnen, die auch am auffälligsten sind, denn sie stehen in der Tradition der Strochnoe Penie, einer Art altrussischer polyphoner Kirchengesänge, die einigen Gelehrten zufolge im 16. Jahrhundert unter dem Einfluss der russischen Volksmusik entstanden sind. Die kurzen anonymen mehrstimmigen Vertonungen der Znamenniy- und Demestvenniy-Gesänge, ein dreistimmiges Trisagion und ein vierstimmiges Gloria, mögen für moderne Ohren befremdlich klingen, da sich die Stimmen oft kreuzen und in gleichzeitig erklingenden Sekunden, Quarten und Quinten aneinander reiben.

Im 17. Jahrhundert kam die westlich orientierte Polyphonie in Form der Partesnoe Penie auf, ein Stil, der aus Polen über die Länder der heutigen Ukraine und Weißrussland eingeführt wurde. Der Partes-Stil verdrängte nach und nach die Strochnoe Penie und führte unter anderem zu den heute berühmten mehrstimmigen geistlichen Konzerten und Gottesdiensten von Vasily Titov. "Dai Monti Verdi" wird den frühen Partes-Stil mit Vertonungen von Verkündigungshymnen aus dem 17. Jahrhundert wie dem Sticheron "Blagovyestvuyet Gavriil" und dem Kontakion "Vozbrannoy Voyevode" sowie dem liturgischen Marienhymnus "It is Truly Meet" und einer festlichen Weihnachtszeremonie mit dem Iirmos "Hristos razhdayetsya" präsentieren.

Lesen Sie hier alle Konzerte des Euroradio-Weihnachtstags nach: Übersicht von 10 bis 00:35 Uhr

Sendung: hr2-kultur, "Alte und neue Weihnachtsmusik", 17.12.2023, 10:00 Uhr