Lena Gorelik und Maxim Leo erzählen ebenso wahrhaftig wie mitreißend von ihren Familien und den Sehnsüchten, die sie bergen. Die Wiesbadener Literaturtage wurden dieses Jahr von der Schriftstellerin Adriana Altaras kuratiert. Inspiriert von ihren verschiedenen Herkunftsorten, vermittelten die von ihr ausgewählten Veranstaltungen persönliche Eindrücke und Erinnerungen an die Länder und Kulturen, die sie selbst geprägt haben: Kroatien, Italien, Deutschland, das Judentum, die Welt des Theaters, der Oper und des Films sowie die Bücherwelt.

Am 5. September sprachen Lena Gorelik und Maxim Leo über das Thema Familiengeschichten.

LENA GORELIK wurde 1981 in St. Petersburg geboren und kam 1992 mit ihren Eltern nach Deutschland. Auch in ihrem Roman „Wer wir sind“ reist ein Mädchen mit ihrer Familie in die vermeintliche Freiheit. Zurück bleiben die geliebte Hündin Asta und fast alles, was es mit Djeduschka, Opa, verbindet – letztlich also die Kindheit. In Deutschland ist die Elfjährige ein Flüchtlingskind, das die Wörter so ausspricht, dass andere lachen. Auch für die Eltern ist es schwierig, im Westen wächst ihre russische Nostalgie; und die stolze Großmutter, die mal einen Betrieb leitete, ist hier eine alte Frau ohne Sprache. Lena Gorelik zeigt, wie sich Identität im Zwiespalt zwischen Stolz und Scham, Eigensinn und Anpassung, Fremdsein und allem Dazwischen ausbildet.

MAXIM LEO wurde 1970 in Ostberlin geboren und arbeitet als Journalist und Autor. 2019 erschien sein autobiografisches Buch „Wo wir zu Hause sind“. Darin erzählt er von den vielen anderen Leos seiner Familie, die in den 1930er-Jahren vor den Nazis flohen und über den ganzen Erdball verstreut leben. Er reist nach England, Israel und Frankreich und erzählt von Hilde, der Schauspielerin, die in London zur Millionärin wird. Von Irmgard, der Jura-Studentin, die einen Kibbuz auf den Golanhöhen gründet. Von Ilse, der Gymnasiastin, die im französischen Untergrund überlebt. Und von ihren Kindern und Enkelkindern, die nach Deutschland zurückkehren. Auf der Suche nach der Vergangenheit stößt Maxim Leo auf ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das keine Grenzen kennt.

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Moderation: Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums in Frankfurt.
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Die Literaturtage
Seit 1986 veranstaltet das Wiesbadener Kulturamt die traditionsreichen "Wiesbadener Literaturtage" unter der Federführung des Literaturhauses. Dabei konzipiert je eine Autorin oder ein Autor das Programm des Festivals, zu dem neben Lesungen und Filmvorführungen auch Performances, Kleinkunst oder Konzerte gehören können.

Sendung: hr2-kultur, "Literaturland Hessen", 12.11.2023, 12:04 Uhr