Der LiBeraturpreis stellt auch dieses Jahr wieder sieben Autorinnen aus Afrika, Lateinamerika, Asien und der Arabischen Welt ins Rampenlicht. Preisträgerin ist die japanische Autorin Chisako Wakatake, aber auch die weiteren 6 Autorinnen der Shortlist lohnen sich, zu entdecken.

Der von Litprom e.V. vergebene LiBeraturpreis geht 2022 an die japanische Autorin Chisako Wakatake für ihren Roman »Jeder geht für sich allein«, übersetzt von Jürgen Stalph, erschienen im Cass Verlag. Darin beginnt Momoko, Stimmen aus ihrer Vergangenheit zu hören. Diese sprechen Dialekt, der für die deutsche Fassung ins Erzgebirgische übersetzt wurde. Als der Roman in Japan erschien, erhielt die damals 63-jährige Debütantin Chisako Wakatake gleich zwei bedeutende Preise. Sie ist die erste Japanerin, die den LiBeraturpreis erhält.

Kein anderes Werk entsprach dem Konzept hinter diesem Preis - Befreiung qua oder in der Literatur — mehr als dieser feingewichtete, fast philosophische Roman, sagt die Jury. Mit großer Sprachkunst, elegant, schnörkellos, tiefgründig und urwitzig tritt die Romanheldin Momoko, nun in den Mittsiebzigern, einen Befreiungsprozess los, der heftig an gesellschaftlichen, identitätsstiftenden, existenziellen Grundaussagen rüttelt. Die Preisträgerin wurde ausgewählt von einer Jury, bestehend aus Anita Djafari (Weltempfänger-Jury), Corinna Santa Cruz (Büchergilde), Monika Lustig (Litprom-Mitglied), Florian Balke (FAZ) und Oliver Fründt (Büchergilde Buchhandlung und Galerie, Frankfurt). Nominiert waren 13 Autorinnen, deren Werke 2021 auf der Litprom-Bestenliste Weltempfänger standen. Aus dieser Longlist wählte die Jury sieben Shortlist-Titel aus, die am 6. Sepetmber 2022 im Haus am Dom in Frankfurt präsentiert wurden.

Wir senden einen gekürzten Mitschnitt.

Die Bücher der Shortlist:

1. »Kramp« María José Ferrada CHILE
Roman. Aus dem Spanischen von Peter Kultzen. Berenberg Verlag.

2. »Dornauszieher« Hiromi Ito JAPAN
Roman. Aus dem Japanischen von Irmela Hijiya-Kirschnereit. Matthes & Seitz.

3. »Heaven« Mieko Kawakami JAPAN
Roman. Aus dem Japanischen von Katja Busson. Dumont.

4. »Mister Potter« Jamaica Kincaid ANTIGUA
Roman. Aus dem Englischen von Anna und Wolf Heinrich Leube. Kampa Verlag.

5. »Zwei Bäume machen einen Wald« Jessica J. Lee KANADA
Literarischer Essay. Aus dem Englischen von Susanne Hornfeck. Matthes & Seitz Berlin.

6. »Jeder geht für sich allein« Chisako Wakatake JAPAN
Roman. Aus dem Japanischen von Jürgen Stalph. Cass Verlag.

7. »Nachtflug überm Meer« Wang Xiaoni CHINA
Gedichte. Aus dem Chinesischen von Monika Gänßbauer. Projektverlag.

Der Preis | 1987 von der Initiative LiBeraturpreis e.V. ins Leben gerufen, wird der LiBeraturpreis seit 2013 von Litprom e.V. vergeben. Der Preis zeichnet jährlich einen herausragenden Titel einer Autorin aus Afrika, Asien, Lateinamerika oder der Arabischen Welt in deutscher Übersetzung aus.

Zugrunde liegt die Tatsache, dass Übersetzungen aktueller Werke von Autorinnen aus den entsprechenden Ländern auf dem deutschen Buchmarkt immer noch stark unterrepräsentiert sind und weiblichen Stimmen nach wie vor eine deutlich geringere mediale Aufmerksamkeit zukommt. Die Folge ist eine anhaltende Stereotypisierung und die Verfestigung des Bildes der Frau als hilfsbedürftigem Opfer der Gesellschaft. Dabei sind die sich weltweit selbstbewusst erhebenden Stimmen — auch sehr junger Autorinnen — eigentlich nicht mehr zu überhören.

Wenn der LiBeraturpreis aus der Idee entstanden ist, weibliche Stimmen des globalen Südens hörbar zu machen, so ist er heute als Katalysator der Vielstimmigkeit zu verstehen.

Mit der Auszeichnung ist ein Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro sowie die Einladung der Preisträgerin zur Frankfurter Buchmesse verbunden.

Sendung: hr2-kultur, "Literaturland Hessen", 06.11.2022, 12:04 Uhr