Sie soll eigentlich ins Kloster, aber auf dem Weg dorthin funkt es ganz gewaltig zwischen dem Mädchen vom Lande und einem adeligen Chevalier und beider Lebenswege werden gehörig durcheinandergewirbelt. Aber dem Aufstieg Manons zur Königin der Pariser Glitzerwelt folgt ein ebenso tiefer Abstieg.

Manon - Amina Edris
Chevalier des Grieux - Pene Pati
Lescaut - Jarrett Ott
Comte des Grieux - Jean-Vincent Blot
Guillot de Morfontaine - Albert Casals
Monsieur de Brétigny - Tomeu Bibiloni
Gastwirt - Pau Armengol
Poussette - Inés Ballesteros
Javotte - Anna Tobella
Rosette - Anaïs Maslloren

Chor und Orchester des Gran Teatre del Liceu
Leitung: Marc Minkowski

(Aufnahme vom 2. Mai 2023 aus dem Gran Teatre del Liceu)

Jules Massenet komponierte seine neben dem "Werther" bekannteste Oper "Manon" 1884 nach einer Vorlage des Abbé Prévost aus dem 18. Jahrhundert - dem Roman, der gut 10 Jahre später auch zur Grundlage von Puccinis "Manon Lescaut" werden sollte. Massenet bezeichnete das Stück trotz des tristen Ausgangs noch als "Opéra-comique". Nicht nur, weil er das Werk für das gleichnamige Theater in Paris schrieb, sondern weil es die für die Gattung der "Opéra-comique" typischen gesprochenen Passagen enthält. Die vom Komponisten allerdings melodramatisch gestaltet werden, also über die Musik gesprochen - was der "Manon" einen zusätzlichen eigentümlichen Reiz verleiht.

Zudem gibt es in dem zwischen exzessiv ausgelebter Sinnlichkeit und erotisch aufgeladener Sakralsphäre taumelnden Drama durchaus komische Elemente und Figuren - die schicken Damen etwa gehen in die Kirche nicht wegen der erbaulichen Predigt, sondern wegen des schönen Priesters. Vor allem aber ist das Faszinierende an diesem Meisterwerk der "Belle Époque" die Entwicklung und die verschiedenen Facetten der Protagonistin. Claude Debussy nannte denn auch den Kollegen Massenet zurecht einmal "den musikalischen Geschichtsschreiber der weiblichen Seele", was in der schon etwas älteren, recht eindimensionalen und ohne großen Mehrwert vertanzten "Manon"-Inszenierung von Olivier Py in Barcelona kaum zu sehen war, aber sehr wohl zu hören.

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 13.01.2024, 20:04 Uhr.