Österliches Passionsspiel und bitteres Flüchtlingsleid - eine brisante Kombination. Und da der designierte Darsteller des Jesus sich zusehends mit seiner Rolle identifiziert und die Sache mit der Nächstenliebe für die Hilfsbedürftigen ernst nimmt, kommt es zu allerlei Verwerfungen mit letztlich tödlichen Folgen.

Manolios - Sebastian Kohlhepp
Katerina - Sara Jakubiak
Grigoris - Gábor Bretz
Yannakos - Charles Workman
Lenio - Christina Gansch
Fotis - Łukasz Goliński
Michelis - Matthäus Schmidlechner
Kostandis - Alejandro Baliñas Vieites
Panait - Julian Hubbard
Nikolio - Aljoscha Lennert
Andonis - Matteo Ivan Rašić
Patriarcheas - Luke Stoker
Despinio - Teona Todua
Eine alte Frau - Helena Rasker
Ein alter Mann - Scott Wilde
Ladas - Robert Dölle

Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
Angelika Prokopp Sommerakademie der Wiener Philharmoniker
Wiener Philharmoniker
Leitung: Maxime Pascal

(Aufnahme vom 13. August 2023 aus der Felsenreitschule)

Bohuslav Martinů hat insgesamt sechzehn Opern geschrieben, von denen so gut wie keine heute mehr wirklich bekannt ist. "The Greek Passion" war sein letztes Bühnenwerk, eine erste Version entstand 1957/58, wurde jedoch von verschiedenen Häusern abgelehnt. Eine stark überarbeitete zweite Fassung kam 1961 in Zürich zur erfolgreichen Uraufführung, die der zwei Jahre zuvor verstorbene Komponist allerdings nicht mehr erlebte.

Das Textbuch zur "Griechischen Passion" schrieb Martinů selbst nach dem gleichnamigen Roman von "Alexis-Sorbas"-Autor Nikos Kazantzakis. Bei der Erstellung des Librettos arbeiteten die beiden eng zusammen, wobei Martinů auf eine englische Übersetzung zurückgreifen musste und somit schließlich auch eine englischsprachige "Greek Passion" resultierte. Die in einem griechischen Dorf zur Zeit des Griechisch-Türkischen Krieges um 1920 spielende Handlung - deren politische Implikationen Martinů weitgehend entschärfte - veranlasste den Komponisten auch auf byzantinisch-geistliche Gesänge zurückzugreifen, die dem Werk vor allem in den Chorszenen eine gewisse religiös-überhöhte, pathetische Aura verleihen - selbst nach dem desolat-dramatischen Ende.

Die Geschichte der Oper ist eine Art Lehrstück darüber, dass man Christi Leid für die eigene Erlösung gern in Kauf nimmt und als Passionsspiel aufführt, das Leid des nächsten aber ebenso gerne nicht nur übersieht, sondern geradezu als störend empfindet: "Refugees out" prangt denn auch am Ende der Salzburger Inszenierung von Simon Stone als großer Schriftzug quer über die mächtige Bühne der Felsenreitschule. Eine vielleicht manchmal etwas zu schlichte und plakative Regiearbeit, mit allerdings durchweg exzellenter sängerischer Besetzung. Und ein Werk, das gerade in unserer Zeit aktueller denn je ist, und schon allein deshalb öfter zu hören sein sollte.

Anschließend:
Brahms: Klavierquintett f-Moll op. 34 (Kalle Randalu / Mandelring Quartett)

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 21.10.2023, 20:04 Uhr.