Das kleine, aber feine Festival in Wexford an der irischen Südostküste hat sich seit langem schon auf die Aufführung selten gespielter Werke spezialisiert. Letzten Herbst stand unter anderem Antonín Dvořáks "Armida" auf dem Programm: die zu Unrecht völlig vergessene letzte Oper des Komponisten.

Armida - Jennifer Davis
Rinald - Gerard Schneider
Ismen - Stanisław Kuflyuk
Hydraot - Jozef Benci
Peter - Jan Hnyk
Muezzin / Gottfried - Rory Dunne
Dudo - Chris Mosz
Sven - Josef Moravec
Ubald - Josef Kovačič
Gernand - Andrii Kharlamov
Roger - Thomas Birch
Sirene / Nymphe - Libuse Santorisova

Wexford Festival Chorus
Wexford Festival Orchestra
Leitung: Norbert Baxa

(Aufführung vom 5. November 2022 aus dem National Opera House)

Das auf Tasso zurückgehende Sujet von der Zauberin Armida und ihrer Liebe zu Rinaldo gehört zu den beliebtesten Stoffen der gesamten Operngeschichte und wurde zigmal vertont - von Lully, Händel, Gluck und Rossini etwa, um nur die bekanntesten zu nennen. Dass sich Dvořák des um 1900 schon reichlich in die Jahre gekommenen Themas annahm, mag verwundern. Vermutlich fand er einfach nichts Besseres und wollte nach dem Erfolg der "Rusalka" von 1901 endlich ein neues Bühnenwerk präsentieren. Das etwas holprige Libretto von Jaroslav Vrchlický hatten vorher schon andere Komponisten abgelehnt, Dvořák schaffte es immerhin, dem Textdichter noch einige kleine Verschönerungen abzuringen.

Die Faszination des Armida-Stoffes beruht sicherlich nicht zuletzt auf dem bunt bebilderbaren Zusammentreffen von christlicher und islamischer Welt, exotischen orientalischen Gärten und kampfeslustigen Kreuzfahrer-Chorälen, vor denen sich die eigentliche Liebesgeschichte abspielt - versehen mit allerlei Zauberei-Hokuspokus. Und Dvořák fand dafür eine vielleicht nicht durchweg, aber immer wieder ergreifende und begeisternde Musik. Wobei die wundersame Welt der Armida mit ihren Sirenen und Feen durchaus an "Rusalka" gemahnt, und der Komponist für die leicht antiquiert-barocken Zaubereffekte eine beeindruckende, filmmusikalische Theatralik an den Tag legt.

Die Uraufführung der "Armida" 1904 in Prag war nur ein mäßiger Erfolg. Der Komponist soll die Premiere wegen gesundheitlicher Probleme vorzeitig verlassen haben und starb fünf Wochen später. Beim Festival in Wexford war die "Armida" bereits die dritte "vergessene" Dvořák-Oper, die dort auf die Bühne kam. Und nach der bemerkenswerten, vor allem in den beiden Hauptpartien exzellent besetzten Aufführung kann man sich nur wünschen, dass weitere folgen werden.

Sendung: hr2-kultur, "Opernbühne", 13.05.2023, 20:04 Uhr.