Das händische Weben zählt zu den ältesten Handwerksarten der Menschheit. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ging es durch die zunehmende Verbreitung elektrischer Webstühle mehr und mehr verloren. Das Weben von Hand war ein anstrengendes und oft schlecht bezahltes Gewerbe. Diese sozialen Missstände in frühindustrieller Zeit führten u.a. zum schlesischen Weberaufstand von 1844.

Mit der industriellen Revolution und der damit verbundenen Automatisierung verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen oft noch mehr. Die beschleunigte technische Entwicklung spiegelt sich auch in der Erfindung der durch Lochkarten gesteuerten Jacquard-Webstühle wider, die als Vorform heutiger computergesteuerter Abläufe gilt. Die aktuellen digitalen Kommunikationsnetze erinnern mit dem Wort "web" indirekt an die Tätigkeit des Webens, auch wenn es sich dabei um die Vernetzung von Informationen handelt. Aber auch hier entstehen Strukturen, Muster und Abläufe, die man durchaus mit der Tätigkeit des Webens assoziieren kann.

In dem Hörstück "Wir weben" lässt die Klangkünstlerin Christina Kubisch (* 1948) unterschiedliche Sounds aufeinandertreffen: Klänge einer alten österreichischen Handweberei begegnen Rhythmen mechanischer und elektrischer Webmaschinen aus einer Fabrik im Nordwesten Deutschlands, vermischen sich mit weltweit aufgenommenen elektromagnetischen Feldern digitaler Netzwerke, Datenträger, Transformatoren und Stromleitungen. Und daraus entstehen neue Muster und Verwebungen. Und sie sind verwoben mit den Fragmenten aus dem Heinrich-Heine-Gedicht "Die schlesischen Weber".

Sendung: hr2-kultur, "The Artist's Corner", 20.01.2024, 23:00 Uhr.