Das Drama über das Scheitern politischer Ideologien sucht Antworten auf die Frage, was Freiheit ist - insofern ist es hochaktuell. Büchner hat es innerhalb von wenigen Wochen Anfang 1835 geschrieben, Robespierre führt darin die Revolution an und fordert – angeblich zum Wohle des Volkes – immer mehr Opfer. Die Zweifel von Danton manifestieren sich am Stadttheater in eindrucksvoller Weise.
Christiane Hillebrand erlebte zwei Stunden intensives Theater am Stück||
Der Roman "Ulysses" beschreibt in 18 Episoden einen einzigen Tag, den 16. Juni 1904, im Leben des Leopold Bloom. In Anlehnung an Homers Irrfahrten des Odysseus lässt er Bloom durch Dublin streifen, während seine Ehefrau (anders als Odysseus‘ treue Penelope) zu Hause ihren Liebhaber empfängt. "Ulysses" wurde zum modernistischen Klassiker, weil er auf radikale Weise mit neuen Erzählformen experimentiert. Die Ausstellung im IG-Farben-Haus führt an 22 Stationen ins Leben des Autors ein und vermittelt spannende Informationen zu Werk und Hintergründen des Entstehens, aber auch über Joyces Familie.
Ulrich Sonnenschein kennt seinen Ulysses und empfiehlt diese Ausstellung||
Das Caricatura-Museum Frankfurt erinnert an "Pardon", einst die Satire-Zeitschrift mit der höchsten Auflage in Europa. Erich Kästner schrieb für die "Pardon", Hans Magnus Enzensberger und Werner Finck. Das erste Titelbild stammte von Loriot. Das Logo - ein kleiner Teufel - wurde von F. K. Waechter gezeichnet. Beim Gang durch die Ausstellung fällt auf, dass viele Witze auch heute noch aktuell sind -- etwa wenn Willy Brandt während der Energiekrise dick eingemummelt den nächsten Winter fürchtet.
Mario Scalla fühlte sich mit "Pardon" in seine Jugend zurückversetzt||
Evelyn Herlitzius hat die Rolle der Leonore in Beethovens "Fidelio" bereits häufig gesungen. Am Staatstheater Wiesbaden wagt sie sich nun an die Inszenierung, wobei ihre große Erfahrung als Sängerin spürbar wird. Dabei unterstützt sie das Orchester unter Will Humburg, das verdientermaßen großen Applaus erhielt. Und leider bleibt das Thema der Tyrannenmacht von Beethovens einziger Oper auch nach 200 Jahren noch aktuell.
Imke Turner ließ sich von der Aufführung in Wiesbaden mitreißen||
Na, das war wieder ein textlich und musikalisch gewagtes Stück, das die mutige Intendanz bestellt hat: Gordon Kampe hat Texte von Sibylle Berg, Wiglaf Droste, Schorsch Kamerun, Marc-Uwe Kling zusammengewürfelt - eine sehr unterhaltsame Kakophonie der Klänge kam heraus, witzig, was Regisseurin Elena Tzavara aus dieser hochmodernen Operette zaubert: Verwirrend, erfrischend, toll!
Christiane Hillebrand kam verblüfft aus dem Stadtheater||
Wer nicht glaubt, dass Oper wirklich alles kann, sollte sich "Burt Turrido" im Bockenheimer Depot in Frankfurt anschauen. Das "Nature Theater of Oklahoma" führt dort eine komplette Oper mit Country-Musik auf. Und verhandelt dabei ein deprimierendes Thema auf durchaus vergnügliche Art: Die Erde, wie wir sie kennen, ist untergegangen. Nur auf Grönland ist ein Flecken Festland übrig geblieben.
Ursula May kann jetzt Country-Musik mehr abgewinnen.||
"Realitäten und Visionen des Europäischen Wiederaufbaus. Dokumentarfilme in der visuellen Kultur der Nachkriegszeit" heißt sperrig die virtuelle Ausstellung des europäischen Filmforschungsprojekt Victor-E: Die Bilder kamen nach 1945 wieder zu den Menschen – und die warteten auf dieses politisch entscheidende Medium. Eine gut aufgebaute Galerie, in der man viel von damals erfährt.
Thomas Bernhard ist in Österreich weltberühmt - und derart umstritten, dass schon mal ein Misthaufen vor dem Burgtheater abgeladen wird. Seinen Roman "Das Kalkwerk" möglichst krass zu inszenieren, ist für Jan Friedrich insofern kaum ein Wagnis, da das Publikum im TiF, dem Theater im Fridericianum, Maskenhaftes und Verstörendes gewohnt ist. Hier ist dann auch alles extrem überzeichnet, künstlich bis kurz vor wahnsinnig, dazu musikalisch - eben ein echter Bernhard, der trifft - und frenetisch gefeiert wurde.
Nach 24 Jahren war die Oper Frankfurt der Meinung, für "Die Zauberflöte" wäre eine Neuinszenierung fällig. Wer's nüchtern mag und sich auf die Musik konzentriert, wird mit der Neuinszenierung zurecht kommen. Dem größten Teil des Publikums aber war der Zauber abhanden gekommen. Intensiv beklatscht wurde die fast durchweg gute musikalische Leistung, die Inszenierung wird dagegen wohl kaum die nächsten 24 Jahre halten.
Meinolf Bunsmann über eine Neuinszenierung der "Zauberflöte" in der Oper Frankfurt||
Früher waren die Winter weißer, flüstert einem die Erinnerung ein. Doch der Klimawandel ist keine Selbsttäuschung. Er trifft die Polargebiete noch viel härter als unsere gemäßigten Breiten. Mit der Ausstellung "Ewiges Eis" dokumentiert das Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg diese dahinschmelzende Schönheit. Und auch die menschlichen Kulturen, die sich auf das Leben im Eis eingestellt haben, sind bedroht.
Stefanie Blumenbecker fühlte sich durch die Ausstellung tatsächlich ins ewige Eis versetzt.||
Die große Bühne und der riesige Magier: Michael Wollny hat in der Alten Oper zum Saisonauftakt eine Sound-Performance geliefert, die unsere Frau im Publikum als "enormes Klanggewebe" bezeichnet. Mit Klavier und jeder Menge Zubehör wie berstenden Weingläsern und leuchtenden Regenschirmen hangelte er sich durch die Musikgeschichte, alles enorm verfremdet - aber nie befremdend. Jazz vom Feinsten!
Imke Turner wurde gefordert, unterhielt sich jedoch prächtig||
Doppelt gemoppelt: Die Kammerphilharmonie Frankfurt spielte im Saal, im Raum daneben wurde das Konzert live übertragen. Warum? Zuschauer sollten wandern, wechselweise lauschen und genießen. Forschende am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik wollen herausfinden, wie es wirkt, wenn man den Musikern direkt zuschauen kann oder von Kameras Bilder geliefert bekommt. Schnapsidee? Nein, Wissenschaft!
Susanne Pütz konnte beiden Erlebnissen etwas abgewinnen||
Das Landesmuseum Darmstadt zeigt Portraits von Walter Schels. Er fotografiert immer von vorne, vor einem schwarzen Hintergrund, verzichtet auf eine dramatische Ausleuchtung. Seine Bilder, die er in Lebensgröße abzieht, sind immer schwarz-weiß. Das hat Walter Schels den Ruf eingebracht, einer der besten Portraitfotografen des Landes zu sein. Und mit demselben Ernst widmet er sich den Portraits von Tieren oder einer verblühenden Artischocke.
Stefanie Blumenbecker preist die Portraitkunst von Walter Schels||
Im Volksmund heißt die Frankfurter Siedlung "Zickzackhausen". Das liegt an der Form versetzter Fassaden. Und dieses Niederräder Hinundher reizte jetzt das Künstlerkollektiv "Untere Reklamationsbehörde" um Maria Huber und Julia Mihály eine Art Musiktheater zu performen, das man mit Kopfhörer aktiv erwandern muss. Elektronische Sounds und zeitversetzte Tonaufnahmen sind reizvoll, wenn auch keine Sinfonie einer Vorstadt.
Niels Kaiser war erst neugierig, dann beeindruckt||
Nadira Husain lebt in Berlin, Paris sowie Hyderabad, und aus diesen Kulturkreisen bezieht sie auch ihre Motive. In ihrer Ausstellung "Manzil Monde" auf der Mathildenhöhe in Darmstadt überlagern sich Blüten und Hände, Elefanten und Mäuse, Pferde und Augen zu einem Motivteppich. Dazu verwendet Husain die unterschiedlichsten Verfahren wie Malerei, Zeichnung und Druck auf Textilien oder Keramik.
Stefanie Blumenbecker überließ sich in Darmstadt einem Spiel mit ost-westlichen Motiven||
Christa von Schnitzler (1922–2003) gehört zu den großen Bildhauerinnen der zeitgenössischen Kunst, die vor allem mit ihren schlanken, aufrecht stehenden Bronze- und Holzskulpturen bekannt wurde.
Es ist nicht leicht, die Power von Freddie Mercury und seiner "Queen" heute auf die Bühne zu bringen. Der Versuch, eine Weltraum-Rahmenhandlung inklusive Shauvi-Kalauern zur Einbettung von 24 (!) LIedern zu benutzen, hat echte Fans zum Jubeln bewogen. Unser Mann in Reihe 16 fand's eher so lala, war am Ende aber doch mitgerissen.
Meinolf Bunsmann geriet in das Queen-Musical in der Alten Oper||
Festival im Zeichen des Krieges: Alles, was 2022 in den oberen Etagen Frankfurter Hochhäuser gelesen wird, bezieht sich irgendwie auf die Ukraine. Schon am Anfang ist klar, dass selbst Hochkaräter wie Tanja Maljartschuk, Lea Ypi, Gerd Koenen und Viktor Jerofejew nicht so funkeln können wie gewohnt - Betroffenheit allenthalben und gespannte Vorsicht bei vielen Äußerungen.
Ulrich Sonnenschein berichtet von der Auftaktveranstaltung||
Das runde Jubiläum wird gefeiert wie noch nie: Autobahn als Partyzone, überall Ausstellungen und Performances. Auch im Stadion der Stadt an der Lahn: War das jetzt ein Musical, eine Revue oder ein irres Geschichtsspektakel mit Blasmusik? Auf jeden Fall hat dieses bunte und wilde "Rosenwunder Premium Reloaded" allen Spaß gemacht, dem Publikum und unserer Kritikerin sowieso!
Esther Boldt war beim Theaterstück unter freiem Himmel||
In der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt ist am 102. Geburtstag des legendären Literaturkritikers die Ausstellung „Marcel Reich-Ranicki, Ein Leben, viele Rollen“ eröffnet worden. Das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 zeigt umfassend Leben und Werk jenes Mannes, der nur mit knapper Not der Ermordung durch Deutsche entkommen war. Wer Literatur und ihre Vermittlung liebt, muss sich diese klug wie anschaulich gemachte Schau über eine beeindruckende Persönlichkeit ansehen!
Hadwiga Fertsch-Röver über "Marcel Reich-Ranicki, Ein Leben, viele Rollen"||
Die ethnographische Sammlung des Oberhessischen Museums gehört mit über 1000 Objekten zu den größten und vielfältigsten in Hessen. Doch warum und auf welchem Weg kamen Objekte aus den unterschiedlichen europäischen Kolonien des Südamerikanischen und Afrikanischen Kontinents nach Gießen?
Stefanie Blumenbecker über die Ausstellung "Zwischen Sammelwut & Forschungsdrang. Koloniale Kontexte" in Gießen||