Live Lounge +++ Ragawerk feat. Marja Burchard, Kabuki und Ishaan Ghosh +++ Maria Grand 4tet +++ Joachim Kühn French Trio +++

Deutsches Jazzfestival Frankfurt
Joachim Kühn Frech Trio
Frankfurt am Main
hr-Sendesaal
Bertramstraße 8
60320 Frankfurt am Main

RAGAWERK feat. Marja Burchard, Kabuki & Ishaan Ghosh 

"Treibende Grooves, kosmische Klangpanoramen und tiefgründige Meditationen“ versprechen Max Clouth und Martin Standke, wenn sie mit ihrem Projekt RAGAWERK auf die Bühne gehen. Seit 2012 arbeiten der Gitarrist und der Schlagzeuger zusammen. Mit Unterbrechungen, denn Clouth ging drei Jahre nach Mumbai, um sich dort intensiv mit indischer Musik und Kultur auseinanderzusetzen.

Seit einem Konzertbesuch im Alter von 12 Jahren war er davon fasziniert. Nach seiner Rückkehr machte er zunächst mit dem Max Clouth Clan auf sich aufmerksam, einem offenen Bandprojekt, bei dem Standke bereits am Schlagzeug saß. Nach drei Studioalben, einem Livealbum und mehreren Indientourneen wurde das Projekt mit RAGAWERK auf neue Füße gestellt. Clouth und Standke firmieren seitdem gemeinsam als Absender. "RAGAWERK klingt fokussierter, klarer und ausgereifter“, sagt der Schlagzeuger, der auch als Komponist zum Repertoire beiträgt. Mit "Niḷa“ erscheint Ende September das zweite Album, auf dem die Band laut eigener Auskunft “noch unmittelbarer, rauer spielt, aber auch kristallin und spacig.”   

Ragawerk
Ragawerk Bild © hr/Robert Zolles

Immer noch verschmelzen westliche und indische Einflüsse zu einem besonderen Klang, immer wieder gekrönt von ausdrucksstarken Improvisationen. Clouth spielt dabei meist auf einer seiner beiden Doppelhalsgitarren, die er zusammen mit dem Gitarrenbauer Philipp Neumann entworfen hat. Ein zweiter Hals ohne Bundstäbchen eröffnet ihm schwebende Tonhöhen, die an die indische Sitar erinnern, auf dem akustischen Instrument noch unterstützt durch zusätzliche Resonanzsaiten über dem Korpus. Doch bei der so materialisierten Fusion aus indischem Raga mit europäischem Jazz bleiben Clouth und Standke nicht stehen. Poptaugliche Melodien, elektronische Sounds und Loops oder auch eine Prise Krautrock: Erlaubt ist, was gefällt. Dabei rutscht RAGAWERK nicht in Beliebigkeit ab, denn – so Martin Standke: "Man muss die Regeln kennen, erst dann darf man sie auch brechen. So geht Entwicklung”. 

Tourneen und Auftritte in Europa und Asien und die Aufmerksamkeit der internationalen Presse sind Ergebnis einer konsequenten künstlerischen Tätigkeit. Zeit, dass das Deutsche Jazzfestival diesen Exportschlager der Frankfurter Szene auf seiner großen Bühne präsentiert. Zu diesem Anlass wird die Kernbesetzung mit Bassistin Vroni Frisch und Keyboarder Robert Schippers um den Frankfurter Elektronikmusiker Kabuki ergänzt, der wiederholt Aufnahmen und Konzerte von RAGAWERK mit seinen Sounds und Loops bereichert hat. 

Erstmals dabei ist die Vibraphonistin und Sängerin Marja Burchard. Seit einem Schlaganfall ihres Vaters Christian, der leider 2018 verstarb, leitet sie dessen Gruppe Embryo und beschert der legendären Krautrock-Band einen zweiten Frühling. Burchard war an Max Clouths Soloalbum "Entelecheia“ beteiligt, hat aber noch nie mit ihm und RAGAWERK auf einer Bühne gestanden. 

Als dritter Gast reist der indische Tablavirtuose Ishaan Ghosh an. Der charismatische 25-Jährige wurde in seiner Heimat schon als Wunderkind gefeiert. Ein Video, das bei einer gemeinsamen Indientournee mit Max Clouth und Vroni Frisch entstand, zeigt Ghoshs hochagile Musikalität und charismatische Bühnenpräsenz im Zusammenspiel mit den Frankfurtern. 

Martin Standke Schlagzeug, Electronics 
Max Clouth Gitarre
Robert Schippers Tasten 
Vroni Frisch Bass 

Special guests: 
Marja Burchard Vibraphon, Gesang 
Kabuki Electronics 
Ishaan Ghosh Tabla 

Maria Grand 4tet 

Maria Grand
Maria Grand Bild © hr/Adrien Tillmann

In Europa hat Maria Grand zuletzt als Saxofonistin in der Band des Vibraphonisten Joel Ross begeistert. Seit 2011 lebt die in Genf geborene Musikerin in New York, wohin sie im Alter von 18 Jahren zum Studium gezogen war und wo sie schon bald als Ausnahmetalent auffiel. Das Album "Magdalena“ (2018), das Grand mehrere Auszeichnungen einbrachte, klingt immer noch wie das beeindruckende Debüt einer außergewöhnlichen Musikerin, die eine Vielzahl von Einflüssen scheinbar mühelos in einen persönlichen Sound auf dem Saxofon verschmilzt. 

"Mein Vater hat zu Hause viel Coltrane gespielt“, erzählt sie dem Downbeat-Magazin. "Als ich ein Kind war, mochte ich Jazz At Massey Hall mit Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Bud Powell, Max Roach und Mingus, der den Bass dazu einspielte, aber das wusste ich damals noch nicht. Als ich aufwuchs, liebte ich auch die Bossa-Nova-Platten von Stan Getz.“ Auch wenn Grand heute eher der Creative-Music-Szene angehört, offenbart ihr Spiel selbst in freien Stücken noch diese frühe Prägung. Aus Motiven entwickelt sie in ihrem nie versiegenden Ideenfluss melodische Linien von großer erzählerischer Qualität, immer im Dialog mit ihren Mitmusiker*innen und dabei mit einem Ton auf dem Tenor gesegnet, der von zärtlich bis ausdrucksvoll stets eine warme Grundierung behält. 

Sie führt diesen Umstand selbst darauf zurück, dass auch das Singen Teil ihres künstlerischen Ausdrucksspektrums ist. „Je mehr ich mich mit der Stimme beschäftige, desto mehr verändert sich auch mein Ton auf dem Saxofon, weil ich lerne, einen volleren Ton in meiner Stimme zu bekommen“, erklärt sie. "Ich versuche, die gleiche Vibration in meiner Brust zu erreichen, und ich merke, dass ich dadurch mehr Vibrato habe. Ich spiele also ein bisschen lauter und intensiver.“ 

Auch auf ihrem zweiten Ablum "Reprocity“ (2021) singt Maria Grand gelegentlich und zwar als in New York lebende Tochter einer Schweizerin und eines Argentiniers in Englisch, Französisch und Spanisch.  

Vor allem aber begeistert der Rapport der Saxofonistin mit Bassistin Kanoa Mendenhall, mit der Grand auch in der Band von Joel Ross zusammenspielt. Mit Perkussionist Shakoor Hakim und Schlagzeuger Julian Miltenberger hat sie zwei junge Musiker in ihr Quartett geholt, die ihrer Interaktion mit Mendenhall keinerlei harmonische Grenzen setzen. Wo die Reise hingeht, werden wir erst am Abend selbst erleben: Wird es kontemplativ, spirituell oder feurig? Vermutlich all das und noch mehr. Maria Grand beschäftigt sich etwa auch mit den Erkenntnissen der bahnbrechenden Familientherapeutin Virginia Satir und verarbeitet das und mehr auch bildnerisch und textlich in ihrer genreübergreifenden Kunst. 

Maria Grand Saxofon 
Kanoa Mendenhall Bass 
Shakoor Hakeem Percussion 
Julian Miltenberger Drums 

Joachim Kühn French Trio 

Er werde weiter Platten machen, aber mit den Live-Konzerten aufhören, gab Joachim Kühn 2024 zu seinem 80. Geburtstag bekannt. "Ich mach das jetzt über 60 Jahre. Die Rumreiserei geht mir auf die Nerven“, verriet er dem Sender arte, um zu ergänzen: "Je freier man lebt, desto besser kann man Musik machen.“ Wenige handverlesene Konzerttermine nimmt er aber noch an, und dazu gehört das Deutsche Jazzfestival. Hier hat er wiederholt Erfolge gefeiert, 2011 etwa im Quartett mit seinem Bruder Rolfund im Duo mit Archie Shepp, 2018 beim Tribute an Albert Mangelsdorff und zuletzt 2019 mit seinem Album "Melodic Ornette“. Der Pianist weiß also, worauf er sich einlässt, wenn er seine Finka auf Ibiza verlässt, um sich in den Flieger nach Frankfurt zu setzen. 

Joachim Kühn Frech Trio
Joachim Kühn Frech Trio Bild © hr/Olivier Degen

Im heimischen Studio auf der Mittelmeerinsel entstand "The Way” (ACT 2024), auf dem Kühn die oben erwähnte Freiheit musikalisch konsequent auslebt. Während er sich auf Trio-Alben seiner vorangehenden Besetzungen häufig mit kurzen Stücken begnügte, die erst live länger ausgespielt und mit der für ihn typischen Energie aufgeladen wurden – vermutlich ein Zugeständnis an seinen damaligen Produzenten Siggi Loch – besteht "The Way“ aus vier längeren Trio-Improvisationen. 

Sie entstanden, als der Kontrabassist Thibault Cellier und der Schlagzeuger Sylvain Darrifourcq den Pianisten zum ersten Mal auf Ibiza besuchten, um "frei von Zwängen im Trio zu musizieren und aufzunehmen“, wie es im CD-Booklet heißt. Cellier war Kühn eher zufällig in einem Pariser Hotel begegnet, der zweite war ihm als Drummer des Quartetts von Émile Parisien bekannt. Er kannte und schätzte allerdings auch das Zusammenspiel der beiden auf einem Album der Gruppe "Novembre“. 

Mit französischen Musikern hat Joachim Kühn in seiner Karriere regelmäßig zusammengearbeitet. Seine über zwei Jahrzehnte bestehende Band mit Bassist Jean-François Jenny-Clark und Schlagzeuger Daniel Humair bezeichnete er mal als "das Trio meines Lebens“. Nun also wieder ein Trio mit Franzosen, beide allerdings diesmal halb so alt wie der Pianist. 

"Das ist so, wie ich jetzt klingen will“, sagt Kühn, als er die Session-Tapes mit Cellier und Darrifourcq hört, und er spricht von einem gemeinsamen Musizieren "auf französische Art, mit Leichtigkeit, Schnelligkeit und Eleganz“. Mit seinem French Trio geht der Pianist konsequent weiter voran auf dem Weg zu einer musikalischen Freiheit, die in Kühns momentaner Schaffensphase immer auch eine Suche nach dem Wesentlichen ist. 

Joachim Kühn Piano 
Thibault Cellier Kontrabass 
Sylvain Darrifourcq Schlagzeug 

  

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