Blickachsen Bad Homburg Judith Hopf - A_hole_and_the_filling_of_the_hole

Alle zwei Jahre, wenn in Bad Homburg die Blickachsen zu sehen sind, kann man Skulpturen unter freiem Himmel genießen, draußen im Park. Am Wochenende ist es wieder soweit, dann werden die 14. Blickachsen eröffnet. 35 Großskulpturen von 26 internationalen Künstlern und Künstlerinnen sind im Freien zu sehen. Und zwar in drei Gärten in Bad Homburg: Dem Kurpark, dem Schlossgarten und dem Gustavsgarten. Alles recht nah beieinander. Wir sehen einen Querschnitt durch aktuelle Positionen der Bildhauerei. Manche sind etwas theoretischer, konzeptueller, andere bildhafter, aber alle fügen sich in diesen Dialog mit dem Park und dem historischen Umraum ein. Sie laden ein zum Sehen als aktiven Akt des Entdeckens, Assoziierens, Kombinierens und zum sich-Überraschen lassen. Ganz wunderbar!

Man ist zuerst von der Pracht des Kurparks überwältigt. Blühende Kastanienbäume, Rhododendren, Blumen, Sträucher. Dazwischen große alte Solitärbäume, Wiesen und die berühmten Blickachsen in der Parkgestaltung, Durchblicke, Weitblicke, eine Gartenkunst, die es so kein zweites Mal im Rhein-Main-Gebiet gibt. Das begeistert und stimmt die Sinne aufnahmebereit. Das ideale Setting für die größte Skulpturenausstellung in Hessen.

Die größte Skulpturenausstellung in Hessen?

Es sind 35 Großskulpturen von 26 internationalen Künstlern und Künstlerinnen zu sehen. Und zwar in drei Gärten in Bad Homburg: Dem Kurpark, dem Schlossgarten und dem Gustavsgarten. Alles recht nah beieinander, das kann man auf jedem Fall an einem Tag schaffen.

Wie ist das Konzept der Blickachsen?

Der Grundgedanke ist schlicht: Raus mit der Kunst ins Freie! Im Fall von Skulpturen ist das das Beste was man machen kann. Die Arbeiten gehen einen Dialog mit der Natur ein, mit Licht und Schatten, mit dem Himmel, sie entwickeln eine ganz andere Fernwirkung, korrespondieren miteinander, mit dem Betrachter. Dabei arbeitet die Stiftung Blickachsen arbeitet immer mit einem Partnermuseum zusammen, das ist in diesem Jahr das Sprengel-Museum in Hannover. Die Kuratorin Carina Plath zeichnet für die Künstlerauswahl verantwortlich und Christian Scheffel, der Kurator vor Ort für die Platzierung und die Abstimmung mit dem Umfeld. Sie hat dabei auch Wert daraufgelegt, Bildhauerinnen zu zeigen, die in der Vergangenheit oft zu selten präsent waren und ihr Motto dabei war das Zitat "Es ist an der Zeit die Kontrolle zu verlieren!"

Welche denn?

Ein wichtiger Name ist Simone Fattal, die bereits 1942 im Libanon geboren wurde, lange in den USA und in Paris lebte und vor kurzem im Frankfurter Portikus ausgestellt hat. Sie erzählt oft von politischer Instabilität, Krieg und Flucht, nutzt dabei aber sehr poetische Bilder. Bei den Blickachsen ist eine große Bronze von ihr zu sehen, die aus zwei Elementen besteht, die ein bisschen an rau verputzte Wände erinnern. Sie werden durch gewaltige, ca. 50 cm lange Nägel miteinander verbunden, halten durch die Vernagelung zusammen. Das erinnert an Verletzungen, es hat etwas gewalttätiges, aber auch etwas von improvisierter Reparatur. Die Arbeit steht im Schatten großer Bäume, das Licht, das durch das Kronendach fällt scheint die Oberfläche zu streicheln, sie wirkt regelrecht lebendig. Und, das Schöne ist, wenn man dann den Kopf hebt und in die Landschaft schaut, sieht man in der Ferne drei bis vier andere Skulpturen und so kann man sich durch den Park von seiner eignen Seh-Lust leiten lassen.

Kommt man denn alleine im Park mit den Skulpturen zurecht? Oder braucht man eine Führung um sie zu verstehen?

Also eine Führung hilft auf jeden Fall um Hintergründe kennenzulernen, sich ein bisschen eine Vorstellung von der künstlerischen Position und kunsthistorischen Verortung zu machen. Aber die Blickachsen laden wirklich dazu ein, selbst Entdecker zu werden. Die Ausstellung ist im öffentlichen Raum, hat keine Zäune und kostet keinen Eintritt und eigentlich braucht man nicht mehr wie ein offenes Auge und einen offenen Geist um sich den Arbeiten anzunähern.

Bitte noch ein oder zwei Beispiele...

Gary Kuehn präsentiert einen abgeknickten Fahnenmast, wie ein großer, geknickter Strohhalm steht er auf der Wiese. Kuehn ist US-Amerikaner und die Aussage seiner Skulptur steht für sich, finde ich. Wenn der polnische Künstler Pawel Althamer drei gestrandete Astronauten zeigt, die aussehen, als seine sie vom Himmel gefallen, kann man auch das als eine Persiflage auf menschliche Hybris lesen. Julius von Bismarck präsentiert einen Borkenkäfer, der auf einem Pferd reitet, in Dialog zu den Herrschersymbolen früherer Zeiten. Judith Hopfs lebensgroßer Mensch wikrt fast wie eine Figur aus dem frühen 20. Jahrhundert, bis man bemerkt, dass er aufs Handy blickt. Und Oliver Holzapfel hat eine Kapelle für Bad Homburger Parkphilosophien geschaffen, die aus Weidengeflecht und Stroh besteht und zum Verweilen einlädt. Mein schönstes Seh-erlebnis aber war die Parkdose von Manfred Pernice. Eine große, begehbare Skulptur aus Beton, die wie eine Mischung aus Wasserhäuschen und Bunker aussieht und am Eingang des Parks, also an der Schnittstelle zum Stadtraum hin steht und voller Geschichten und Assoziationen steckt.

Also eine bunte Mischung aus figurativer und abstrakter Kunst und auch die verschiedensten Materialien?

Ja, die Blickachsen zeigen einen Querschnitt durch aktuelle Positionen der Bildhauerei. Manche sind etwas theoretischer, konzeptueller, andere bildhafter, aber alle fügen sich in diesen Dialog mit dem Park und dem historischen Umraum ein. Sie laden ein zum Sehen, zum Sehen als aktiver Akt des Entdeckens, Assoziierens, Kombinierens und zum sich-Überraschen lassen. Ganz wunderbar!

Unser Bild zeigt die Skulptur "A hole and the filling of the hole" von Judith Hopf aus den Blickachsen 2023

Sendung: hr2-kultur, 14.5.2025, 7:30 Uhr

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