Vor dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt steht Vera Röhms mächtige "Licht-Strahl-Eiche", in der Acrylglas einen Durchblick auf die Holzstruktur erlaubt. Die Bildhauerin hat Acrylglas als Material für die Bildhauerei entdeckt. In einem Gespräch im Hessischen Landesmuseum erzählte sie, wie sie auf die Idee kam, Acrylglas mit geborstenem Holz zu kombinieren. Nach einem Sturm war sie von den ungeknickten Bäumen fasziniert; aber es dauerte Jahre, bis sie heraushatte, wie sich Acrylglas, Holz und Stahl dauerhaft kombinieren lassen. Und Röhm erzählte, wie bei ihr der künstlerische Prozess von der Zeichnung bis zur fertigen Skulptur verläuft.
Stefanie Blumenbecker schätzt Vera Röhm als eine der großen Bildhauerinnen unserer Zeit.||
"Passages" ist ein Beziehungsdrama von Ira Sachs mit Franz Rogowski, Ben Whishaw und Adèle Exarchopoulos in den Hauptrollen. In dem Film beginnt ein Mann, der seit vielen Jahren in einer schwulen Beziehung lebt, mit einer Frau eine Liaison, woraufhin sie sich trennen, und sein Partner sich wiederum mit einem Mann verabredet. Der Film feierte im Januar 2023 beim Sundance Film Festival seine Premiere und wurde im Februar 2023 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin erstmals in Deutschland gezeigt.
Ulrich Sonnenschein mag "Film im Film", auch den von Ira Sacks||
Die Ausstellung im Atelier Frankfurt "Made by us" zeigt die Auswirkung radioaktiver Strahlung in Deutschland und Japan. Was sich nach einem wissenschaftlichen Vortrag anhört, ist der künstlerische Umgang mit Phänomenen. Konkret ist hier das deutsch-japanische Künstlerduo Saori Kaneko und Richard Welz aus Wittenberg und Tokio am Werk - sie zeigen aber nicht das Grauen, sondern Blüten und Blumen, Gräser und Landschaften, die dort entstanden sind, wo Atomkraftwerke explodierten und entwichene oder abgelagerte radioaktive Stoffe Mutationen hervorgebracht haben. Auf diese Weise laufen verstörende Fragen mit, wie die nach den trotz allem ästhetischen Qualitäten dieses Erbes. Oder die Feststellung, wie trügerisch eine äußerlich paradiesische, menschenleere Landschaft sein kann - ein unheimlichen Effekt. Eine interessante, vielseitige Ausstellung.
Mario Scalla hat im Atelier Frankfurt erfahren, dass Schönheit nur auf den ersten Blick natürlich ist||
Der "Prinz von Homburg" gewinnt die Schlacht bei Fehrbellin, indem er den Befehl verweigert stillzuhalten. Das ist der Inhalt von Kleists Drama, das am Theater Willy Praml in Frankfurt aufgeführt wird. Regisseur Michael Weber hält sich eng an den Text und unterläuft zugleich Kleists Schlachtenglorifizierung durch die Inszenierung. Nach einem Wort Remarques versteht man am besten, was Krieg ist, im Lazarett. Die Schauspielerinnen - die Hauptrollen werden von Frauen übernommen - tragen konsequenterweise den Kleistschen Text als Kriegsversehrte vor und ziehen damit alles Heldentum in Zweifel.
Mario Scalla erlebte in "Prinz von Homburg" am Theater Willy Praml wie man ein Theaterstück gegen sich selbst wenden kann und doch eng am Text bleibt.||
Das Klingspor-Museum in Offenbach widmet sich der Buch- und Schriftkunst. In seiner Ausstellung "Achtung: enthält Leben" zeigt es Tagebücher von Künstlern sowie von Menschen, die ihre Tagebücher nach einem Aufruf eingereicht hatten. Tagebuch-Schreiben als Mittel der Reflektion sei wieder modern, heißt es. Von "Tagebuch schreiben" kann allerdings häufig kaum mehr die Rede sein, wenn man die kleinen Kunstwerke mit Zeichnungen, Fotos und Ausschmückungen sieht. Andere haben den nüchternen Charakter von Notizbüchern. Und dann gibt es da noch die "Bullet Journals" in denen Menschen stichwortartig zum Beispiel ihr tägliches Körpergewicht, die gelaufene Schrittzahl oder die Haushaltsausgaben eintragen. Selbst hier gibt es Einiges zu entdecken, wie den Eintrag "verkatert, obwohl sehr viel Wasser getrunken".
Stefanie Blumenbecker betrachtet Tagebücher als Weg in die künstlerische Betätigung.||
Was das Publikum in Wiesbaden am Mittwoch beim Rheingau-Musik-Festival erleben durfte, ist eigentlich unmöglich. Das "Aurora Orchestra" spielte Strawinskys "Le Sacre du Printemps" mit seinen komplizierten Taktwechseln im Stehen und auswendig! Nicht einer der 70 Musiker patzte und gefährdete damit die Aufführung. Solist des Abends war der Cellist Sheku Kanneh-Mason, der einem Weltpublikum durch die Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle bekannt geworden ist. Er beherrscht sein Instrument ebenfalls mit traumwandlerischer Sicherheit, und pfeifen kann er auch noch!
Der erfahrene Konzertgänger Meinolf Bunsmann war vom Konzert des "Aurora Orchestra" verblüfft.||
In der Dokumentation von Dominik Graf geht es um Schriftsteller im Dritten Reich - und da vor allem um jene, die geblieben sind und sich so oder so im Nationalsozialismus arrangiert haben. Anatol Regnier, Jahrgang 1945, hat die Buchvorlage geschrieben - ein intensiver Blick auf eine Katastrophenlandschaft mit der Fragestellung: Wie war der Seelenzustand der Künstler? Graf mischt Originalton, alte Fotos und Filmausschnitte mit aktuellen Interviews, lässt sich viel Zeit und er lässt kommentieren. Ein erfreulich überraschender Film mit großer Offenheit, die Antworten auf Fragen und vor allem Urteile nicht mitliefert und so zu weiteren Diskussionen anregt.
Daniella Baumeister hat in drei Stunden im Kino viel erfahren||
Ob Sie mit ihr gespielt haben oder nicht, man kann ihr derzeit nicht entgehen: Ob im Kino oder in anderen Medien – Barbie ist allgegenwärtig. Auch in der Austellung, die jetzt an historischem Ort zu sehen ist. Wohltuend zurückhaltend präsentiert man die Geschichte der Kunststoffschönheiten, es schreien einen keinen grellen Farben an: Original-Puppen, die mitunter über 60 Jahre auf dem hübschen Buckel haben und mit denen auch gespielt wurde. Sogar die "Bild-Lilli" ist da, die als Comic erfunden wurde und als Ursprungs-Idee für Barbie gilt. Aus Deutschland kommt also der Hype um die ultraschlanke Blonde. Sie zog um die Welt und war auch züchtig gekleidet oder mit Hüftpolstern zu haben. Eine Zeitreise durch die Modepuppen-Geschichte, nicht nur für 6-Jährige.
Bastian Korff wollte im Brüder-Grimm-Haus in Steinau die Puppen gerne anfassen, durfte aber nicht||
Das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt stellt vor allem Handschriften aus. Da liegt es nahe, einmal die Schrift selbst zum Thema einer kleinen Ausstellung zu machen: "Schreiben mit der Hand in der Zeit der Romantik". Vom 17. Jahrhundert bis zum "Dritten Reich" schrieben die Deutschen vor allem in Kurrentschrift, die heute kaum noch jemand lesen kann. Fremdwörter wurden in der uns geläufigen lateinischen Schrift geschrieben. Das ging soweit, dass Goethe seinen "West-Östlichen Divan" in lateinischer Schrift verfasste, da es ja um ein ausländisches Thema ging, den "Faust" aber in Kurrentschrift.
Rosemarie Tuchelt war von der Vielzahl der Handschriften-Typen in der deutschen Geschichte fasziniert.||
Die Vergangenheit ist nach koreanischem Verständnis nicht abgeschlossen, sie bleibt als Möglichkeit bestehen. Das muss man wissen, um den Film "Past Lives" von Celine Song zu verstehen. Die Koreanerin Nora lebt inzwischen in New York, wo sie glücklich verheiratet ist. Als sich ihr alter Schulkamerad und erste Liebe Hae Sung bei ihr meldet, verschwendet sie keinen Gedanken daran, ihren Mann zu verlassen. Und doch bleibt während des Besuchs von Hae Sung immer die Frage, was wäre gewesen wenn ...
Ulrich Sonnenschein entdeckte im Film "Past Lives" ein anderes Verständnis von Vergangenheit.||
Die Ausstellung "Wer war Fritz Kittel?" im Frankfurter Museum Judengasse erinnert an einen mutigen Menschen. Während des "Dritten Reichs" transportierte die Reichsbahn zu Millionen Juden in die Vernichtungslager und an die Erschießungsorte in Osteuropa. Die Züge wurden von Reichsbahnarbeitern wie Fritz Kittel abgefertigt, der sich jedoch inmitten der Diktatur seine Menschlichkeit bewahrte. Er versteckte die beiden Jüdinnen Hella und Hannelore Zacharias.
Mario Scalla erzählt von der Ausstellung "Wer war Fritz Kittel?" im Frankfurter Museum Judengasse||
Es gibt Tage, da wäre man besser im Bett geblieben. Im Film "Kannawoniwasein!" lässt Finns Vater die versprochene Paddeltour ausfallen. Der zehnjährige Finn fährt daraufhin mit dem Zug nach Berlin, in dem ihm aber sein Rucksack mitsamt der Fahrkarte geklaut wird. Weder die Schaffnerin, noch die Polizei glauben ihm die Geschichte. Zum Glück trifft er die abenteuerlustige Jola, und die beiden kapern einen Traktor. Ziel ist die Ostsee, und auf dem Weg haben sie noch eine Menge Abenteuer zu bestehen.
Ulrich Sonnenschein empfiehlt "Kannawoniwasein!" nicht nur für Kinder||
Anlässlich der Darmstädter Ferienkurse - ein fester Termin für Liebhaber Neuer Musik - hat die Kunsthalle Darmstadt dem Künstler Alexander Tillegreen eine eigene Ausstellung gewidmet. Tillegreen hat fünf Klanginstallationen aufgebaut. Jede Installation ist mit einer bestimmten Farbe gekoppelt. Beim Wandern unter den Lautsprechern kann sich der Besucher sein eigenes Hörspiel zusammenstellen, in dem menschliche Stimmen in Maschinenklänge übergehen. Und zum Schluss stellt man fest, dass das eigene Gehör schärfer geworden ist.
Mario Scalla war so gefesselt, dass er gleich mehrfach durch dieselbe "Fluktuationen"-Installation ging.||
Zum Abschluss des Kultursommers Nordhessen spielte am Freitag in Kassel das Nationale Jugendorchester Rumäniens auf, das die aufstrebenden musikalischen Talente des Landes versammelt. Los ging es mit schwerer Kost: Alin Chelărescu, ein Absolvent der Bukarester Musikuniversität, hat zur Corona-Pandemie das Stück "Panicandemica" komponiert, zwölf beklemmende Minuten, die als "wilder Ritt" angekündigt wurden. Danach ging es fröhlicher weiter mit Francis Poulenc sowie der Großen Sinfonie in C-Dur von Franz Schubert. Insgesamt ein gelungener Abend.
Andreas Wicke erlebte einen gelungenen Abschluss des Kultursommers Nordhessen.||
Die Heimatkrimis um den Polizisten Franz Eberhofer aus Niederkaltenkirchen sind inzwischen Kult. In der neuesten Folge "Rehragout-Rendezvous" streikt Oma, die nicht mehr für die Familie kochen und in eine Frauen-WG ziehen will. Susi wird stellvertretende Bürgermeisterin und kürzt Franz' Anstellung auf halbtags, damit der sich mehr um den Sohn Pauli kümmert. Franz hat derweil mit einem neuen Vermisstenfall zu tun, und da lässt eine Krähe auch noch ein menschliches Ohr fallen.
Daniella Baumeister konnte mit "Rehragout-Rendezvous" ihre Kenntnis bayerischer Schimpfwörter stark verbessern.||
Filme mit Katzen gehen immer, so lautet anscheinend die Grundregel, nach der die sozialen Netzwerke funktionieren. Der Dokumentarfilm "Cat Daddies" von Mye Hoang geht weit darüber hinaus. Er zeigt, dass auch Männer Katzen lieben können. Und die Katzen in diesen Film sind nicht nur Wesen, die den ganzen Tag verschlafen und dann ihrer Wege gehen. Diese Katzen haben sich ihre Menschen ausgesucht, unterhalten eine Beziehung zu ihnen und haben manchmal sogar ihr Leben gerettet. Ein Film, nicht nur für Katzenfans!
Hundebesitzer Ulrich Sonnenschein sieht nach dem Film "Cat Daddies" Katzen mit anderen Augen.||
Der Wettergott hatte ein Einsehen und spendierte einen warmen Sommerabend, als das senegalesische Orchester "Baobab" am Dienstag in der Reihe "Summer in the City" im Frankfurter Palmengarten auftrat. "Baobab" gibt es seit über 50 Jahren und hat sich zu einer der populärsten Bands Afrikas entwickelt. Das Orchester bezeichnet sich als Spezialist für alle Stile und wirklich: Sie singen auf Wolof, Spanisch und Französisch; der kubanische Einfluss ist unüberhörbar; sie spielen aber auch internationalen Pop oder westafrikanische Griot-Musik.
Mario Scalla erlebte mit "Baobab" eine der großen Bands Afrikas.||
In einem Teelöffel Boden stecken Millionen von Organismen, die ein verwobenes Ökosystem bilden. Für Fotografen ist es eine Herausforderung, davon zumindest eine Ahnung zu vermitteln. Die Kunststiftung der DZ Bank sammelt in der Hauptsache Fotografien und hat aus ihrem Fundus jetzt die Ausstellung "Erde: Verwobenes Leben" zusammengestellt. Von leuchtend roten Fliegenpilzen über geschmolzene Vulkanasche bis hin zu den Buchen der Insel Rügen reicht das Spektrum der Aufnahmen.
Gudrun Rothaug fand in der Ausstellung "Erde: Verwobenes Leben" der DZ Bank ein schwieriges Thema adäquat umgesetzt.||
Das Rheingau-Musik-Festival hat eine neue Spielstätte aufgetan: das kING, so heißt die Kultur- und Kongresshalle Ingelheim. Dort spielte am Samstag ein Top-Trio um die Cellistin Sol Gabetta mit Veronika Eberle an der Violine und Antoine Tamestit an der Viola. In dieser Zusammensetzung hatten die drei noch nie zusammengespielt, und man merkte, wieviel Spaß sie dabei hatten. Das Programm war anspruchsvoll, doch die Akustik im Großen Saal des kING hat den Härtetest mit Bravour bestanden.
Imke Turner kehrte von einem Konzertabend mit Sol Gabetta in Ingelheim beglückt zurück.||
Die Kunsthalle Jesuitenkirche in Aschaffenburg zeigt Malerei der Leipziger Schule, "Leidenschaftlich Figurativ – Die Sammlung Fritz P. Mayer": 70 Werke mehrerer Generationen von Künstlern, zwischen den 1950er und 2010er Jahren im Osten Deutschlands entstanden: Wolfgang Mattheuer und Werner Tübke, Gründungsfiguren der Leipziger Schule; Bernhard Heisig, Arno Rinck, Michael Triegel, Willi Sitte - allesamt Männer, ihre Bilder allesamt in hoher handwerklicher Qualität. Eine Schau, wie sie noch nicht im Westen zu sehen gewesen sein dürfte, überraschend, anrührend, spannend - auf nach Unterfranken!
Stefanie Blumenbecker ist in Aschaffenburg zum Staunen gebracht worden||